Bergzeitfahren Schotten: Der „Mont Ventoux“ Hessens


 
764 Meter misst der Hoherodskopf im Vogelsberg. Eine Rennrad-Fachzeitschrift betitelte diesen Berg in ihrer letzten Ausgabe als „Mont Ventoux“ Hessens. Denn beide Berge wirken von weitem flach und unscheinbar, haben es steigungstechnisch aber doch ganz schön in sich. Letzten Samstag führte mich mein Rennkalender ins kleine Städtchen Schotten zum Bergzeitfahren auf besagten Berg. Die Daten: 12 Kilometer und 550 Höhenmeter!

Durch mein für Bergetappen relativ günstiges Watt-zu-Kilogramm-Verhältnis sollte mir rein theoretisch ein solches Bergzeitfahren entgegenkommen. Doch praktisch war ich mir am Start noch nicht so sicher, denn als ich meinen Blick durch die Reihen schweifen lies, entdeckte ich viele starke Konkurrentinnen. Es gab im Grunde zwei Taktiken für den Rennverlauf:

1)      Zusammenarbeit mit den anderen Damen und Windschatten nutzen, Vorbereitung auf einen Sprint am Ende

2)      Direkt am Start eine Lücke aufreißen und einen Vorsprung rausfahren.

Ich entschied mich für Taktik zwei, da ich mich damit sicherer fühlte und ich im Sprint oft den Kürzeren ziehe. Soweit so gut fand ich relativ gleichmäßig in das Rennen und konnte mich direkt nach vorne absetzen. Wie groß die Lücke war, wollte ich nicht wissen - ich drehte mich nicht um, sondern fuhr einfach mein Rennen. Nach Kilometer vier überholte mich dann plötzlich eine (vermeintliche) Konkurrentin. Oder besser: Ich sah nur blonde, längere Locken und eine schmale Figur mit ordentlich Druck am Berg. Hätte ich einmal genauer hingesehen – doch dazu gleich mehr. Zunächst konnte ich das Tempo nicht mitgehen. Der Abstand blieb allerdings in Sichtweite. Bei Kilometer 10 war ich dann schließlich wieder rangefahren. Kurz vorm letzten Wurzeltrail am Fuße des Zielhanges attackierte ich dann mit letzter Kraft und setzte mich ab. Das war schon fast eine Attacke wie aus dem Lehrbuch. J Endlich kam der Zielbogen in Sicht und die Zuschauer am Rand feuerten die Fahrer kräftig an. Die Ziellinie überquerte ich mit einer Zeit von 39 Minuten als erste Frau. Meine vermeintliche „Konkurrentin“ entpuppte sich im Ziel dann als Fahrer. Hätte ich doch mal genauer hingesehen. Doch wer weiß, ob ich ohne meine Aufholjagd und die Schluss-Attacke über zwei Minuten Vorsprung auf die zweite Dame hätte rausfahren können?! J Allerdings wird sich der blonde Fahrer doch sehr über mein komisches Fahrverhalten gewundert haben. Für mich war es aber super Taktiktraining.

So war ich im Ziel sehr zufrieden und gleichzeitig auch überrascht, da ich mit einem Gesamtsieg nicht gerechnet hatte.

Die nächsten zwei Wochen sind nun rennfrei und trainingsintensiv, bevor ich dann wieder an der Marathon-Startlinie stehe.

In diesem Sinne: Keep on riding,

Vanessa

Zitate des Tages:

„Du kannst auch nicht so schnell zittern, wie du frierst.“

„Jetzt eine Currywurst mit Pommes, das wäre was.“

 

 

Kommentare