Vulkan-Marathon Schotten: Man bedenke die Linienwahl!

„Alle Wege führen nach Rom!“ – das mag sein. Aber noch mehr Wege führen nach Schotten im Vogelsberg. In der Tat waren wir in den letzten Jahren unzählige Male dort bei diversen Rennveranstaltungen am Start und jedes Mal fanden wir eine völlig neue Route. Verlassene Dörfer, einsame, enge Straßen, wilde Tiere und unbekannte (teilweise noch unerschlossene) Gegenden erwarteten uns Ortsunkundige. Und so eine Überlandfahrt bringt viele interessante Einblicke in die regional unterschiedlichen Kulturen. Glücklicherweise ragt irgendwann am Horizont stets der Hausberg des Vogelsberges – der Hoherodkopf – empor und wir wissen: Ziel erreicht!

Und genau diesen Berg galt es beim Vulkan-Marathon in Schotten zu bezwingen. Er wirkt nahezu unscheinbar, hat es steigungs- und höhenmetertechnisch aber faustdick hinter den Bergflanken. Der traditionsreiche und bekannte Marathon erlebte in diesem Jahr eine Neuauflage: Neue Strecke, neuer Startort, neue Trails, neues fahrtechnisches Niveau. Und vor allem die komplett neue Streckenführung sorgte im Vorfeld für einige Verwirrung.
Eine kurze Vorgeschichte: Es trug sich zu, dass uns von einem entfernt Bekannten die Informationen erreichten – besser gesagt Schreckensmeldungen – den Marathon in Schotten betreffend: Ultra harte Anstiege, knüppelharte Wurzeltrails, A- und B-Linien sowie meterhohe Drops mit Todeszone. Aufgrund dieser Details stellte ich einen Start im Anbetracht des Erhalts meiner körperlichen Gesundheit zunächst in Frage. Weitere Nachforschungen bei Streckenkennern (an dieser Stelle danke an Natascha Fischer für die Auskünfte) ergaben jedoch, dass die Berichte wohl mit einigen Übertreibungen gespickt waren. Der neuste Stand nach der Recherche: technisch zwar anspruchsvoll, aber alles fahrbar! Beruhigt tätigte ich sodann meine Anmeldung für den Marathon.

Doch dann der Rennmorgen – Orientierung am Ort des Geschehens. Am Startpunkt, dem Sportplatz, nahm ich die erste technische Raffinesse in Augenschein: Ein für mich ultrahoher Drop mit schwieriger Landezone. Sicherlich nach einigen Anläufen fahrbar, für das Üben blieb aber vor dem Rennen keine Zeit mehr. Also entweder die lange und einfache B-Linie wählen, schieben oder riskieren. Ich schob die Entscheidung hinaus. Der Streckensprecher verkündete indes weitere Schreckensmeldungen: Im Wald warteten noch zwei dieser technischen Stellen auf die Fahrer – doch auch hier gab es leichtere B-Linien, die jedoch einen weiteren Weg bedeuteten. Auch der lange „Wildsau-Trails“ sollte es mit vielen Wurzelteppichen in sich haben. Wir sollten generell vorsichtig sein! Diese Informationen beunruhigten mich sehr, da ich fahrtechnisch zwar wieder besser, aber immer noch nicht zu 100 Prozent sicher bin. Aber was soll´s, ich werde es schon schaffen, machte ich mir selber Mut. Der Plan war, am ersten langen Anstieg auf den Hausberg (4 km und 350 Höhenmeter) bereits ordentlich Tempo zu machen, damit ich in den Abfahrten einen Zeitpuffer hatte.



Das funktionierte dann auch ganz gut – das Rennen startete schnell und ich fand ein zügiges Tempo in einer Männergruppe. Oben angekommen folgte ein flacher schmaler Trail gespickt mit vielen Wurzeln, wo ich ordentlich drücken musste, um das Tempo zu halten. Bergab erwartete uns dann der angekündigte „Wildsau-Trail“ mit unzähligen Wurzelteppichen und einer nicht endend wollenden Länge, die die Oberarme forderte. Da die Sicht-Verhältnisse durch das Wechselspiel von Licht und Schatten nicht besonders gut waren und ich zudem am Morgen die falsche Oakley-Brillenwahl getroffen hatte, sah ich nicht besonders viel. Eigentlich war es für mich ein grauer Einheitsbrei, vielleicht gar nicht so unvorteilhaft. Denn so raste ich einfach irgendwie drüber, meine Gabel schluckte die Wurzel-Odyssee einwandfrei. Die Schlüsselstellen waren glücklicherweise neonpink angesprüht, sodass ich diese trotz schlechter Sicht wahrnahm und reagieren konnte.
Es folgten noch einige knackige Anstiege und zwei technische Schlüsselstellen, bei denen ich ohne zu überlegen die einfachere und längere B-Linie wählte. Ungesehen wollte ich diese Stellen nicht fahren und kein unnötiges Risiko eingehen.

Auch den letzten Drop am Sportplatz sparte ich mir und drehte mit der längeren Linie lieber noch eine Ehrenrunde um den Sportplatz. Als erste Frau überquerte ich mit 12 Minuten Vorsprung die Ziellinie und freute mich, dass ich die technisch schwierige Strecke so gut meistern konnte. Und das Beste: Wir konnten uns wieder über einen Doppelsieg freuen. Mein Lieblingsmensch war Gesamtsieger bei den Männern. J





Fazit zur Strecke: Es zeigt sich, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. ;-) Die Strecke war toll! Die Trails waren technisch schwieriger als bei anderen Marathons, aber alle fahrbar – großer Vorteil war heute natürlich die staubtrockene Piste. Die B-Linien waren fair und kein großer Zeitverlust. Alles in allem eine tolle Veranstaltung – die neue Streckenführung ist wirklich super und ich komme nächstes Jahr gerne wieder.

 
Bis dahin: Keep on riding,

Vanessa
 
Zitate des Tages:

“Birdsmountain – so nett hier.”

“Was zählt ist die Konstanz.

                               „Ist das nicht eine Stadt am Bodensee?“

                                                               „Ich meinte auch Kontinuität.“

„Der macht mir Angst. Kann ich nicht direkt zum Kuchenessen übergehen?!“

„Du hast den Kontakt zu deinen Linsen verloren, deswegen hast du nichts gesehen.“
 

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