Großer Preis der RSG Buchenau: Premiere auf der Straße – Taktik ist das Zauberwort

Die Tage werden länger und wärmer, die letzten Schneereste sind endlich verschwunden, wir sind von dicker Winterkleidung direkt und übergangslos auf kurz-kurz umgestiegen...Das kann also nur eines bedeuten: Die Rennsaison geht endlich wieder los! Für mich begann die Saison in diesem Jahr mit einer Premiere. Das erste Straßenrennen meines Lebens. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass das Rennen im Nachbarort ausgetragen wurde und ich somit ohne Anreise und vor heimischen Publikum in die Saison starten konnte. Das Fahrerlager konnte direkt im heimischen Wohnzimmer aufgeschlagen und der Hinweg zum Warmfahren genutzt werden. Gute Ausgangsbedingungen also.

Nachdem mich der späte Start um 14.40 Uhr zunächst störte, war ich am Renntag doch froh darüber. Denn am Vormittag regnete es noch und die Strecke war nass. Nasse Bedingungen sind beim Rundkurs in Breidenbach keine guten Voraussetzungen, da der Kurs sehr viele enge Kurve bereithält. An dieser Stelle noch ein paar Eckdaten zur Strecke: Auf einem rund  zwei kilometerlangen Kurs durch ein Industriegebiet erwartet die Fahrer ein langer Anstieg, eine kurze Flachpassage und eine rasante Abfahrt. Das ganze galt es für die Frauenelite 23 Mal zu durchfahren. Danach kennt man wirklich jeden Winkel im Schlaf, jeden Gullideckel, jede Spurrille und jeden Baum.

Straßenrennen sind völliges Neuland für mich. Zur Vorbereitung auf dieses Event schaute ich mir die Frühjahrsklassiker in diesem Jahr genauer an und ließ mir die taktischen Raffinessen vom leicht nervigen Eurosportmoderator (der Arme muss 8 Stunden am Stück reden) näher bringen.

Am Renntag war ich – wie vor jedem Rennen – sehr aufgeregt. Fast noch mehr als vor einem Mountainbike-Marathon, da ich nicht so genau wusste, was mich erwartet. Gibt es ein großes Frauenfeld, wie stark sind die Fahrerinnen, gibt es Absprachen bei Teams, werde ich am Ende überrundet und rausgenommen? Fragen über Fragen. Als ich dann aber zum Warmfahren direkt aus dem heimischen Radkeller zum Ort des Geschehens rollte, überkam mich die Rennroutine und die Aufregung wich ein wenig von mir ab.

Der Plan direkt vom Warmfahren an die Startlinie zu rollen, ging leider nicht auf, da es im Rennen vor uns einen schweren Sturz gegeben hatte. Das Jedermannrennen wurde daraufhin abgebrochen und das Damenrennen startete mit fast einer Stunde Verspätung. Im Startblock sondierte ich die zahlreich erschienen Konkurrentinnen – die im Vergleich zu mir wohl schon so einige Straßenrennen in den Beinen hatten. Doch nun gab es kein Zurück mehr und ein gutes Training würde es schließlich allemal werden. Das Frauenfeld startete gemeinsam mit den Junioren U19 und diese knallten nach dem Startschuss los, als wäre das Ziel bereits nach 400 Metern erreicht. Drei Frauen zogen bereits mit und ich fühlte mich überfordert. Es war zunächst sehr viel Unruhe im Feld, keiner hatte den Überblick und nach der ersten Runde hatte ich kurz den Impuls aufzugeben. Doch nach der zweiten Runde gab es eine Gruppe von acht Frauen, zwei Frauen waren nach vorne ausgebrochen.


Wenn gleich ich (wie ich es in Mountainbike-Rennen stets praktiziere) den Wunsch verspürte ebenfalls auszubrechen, hielt ich mich zurück. Mein Trainer hatte extra die Anweisung gegeben, dass es keinen Sinn macht, die 23 Runden als Einzelflucht zu fahren. Stattdessen solle ich mich lieber in der Gruppe schonen und dann auf eine Fluchtrunde am Ende setzen. Ich beschloss dies zu beherzigen und hielt mich in der Gruppe oder besser gesagt dem Peloton. Es gab immer wieder Ausreißversuche, die wir aber neutralisierten. Allerdings gab es dann wiederrum kein Bestreben nach vorne zu den drei Geflüchteten aufzufahren. Schwierige Taktik – zu schwierig für mein erstes Straßenrennen. An jeder Kuppe wurde heftig angetreten – 23 Mal!


Antritte ohne Ende!

Ansonsten bummelte die Gruppe teilweise, sodass es körperlich wenig anstrengend war, mental dafür aber umso mehr, insbesondere in der langen Abfahrt mit 90 Grad-Kurve. Die Abfahrt lag mir nicht, vor allem, weil dort im vorherigen Rennen ein schwerer Sturz passiert war und jeder nun etwas Respekt hatte. Ich freute mich somit jede Runde aufs Neue auf den Anstieg.


Die Runden vergingen schneller, als ich im Vorfeld dachte. Erst als mir mein Trainer anzeigte, dass noch zwei Runden zu fahren sind, realisierte ich, dass es gleich schon zu Ende ist. Zeit zu überlegen, wie ich vorgehe. Eine komplette Fluchtrunde traute ich mir nicht zu. Also ein Sprint kurz vor Schluss. Jedoch hatte ich mir die Konkurrentinnen ja nun lange genug anschauen können und mir war bereits klar, dass ich im Sprint eher schlechte Karten haben würde. Denn ich bin in der Tat Bergfahrer und kein Sprinter. Aber es gab keine andere Möglichkeit. So brach ich in der vorletzten Kurve vor dem Ziel aus. Noch knapp 200 Meter Anstieg bis zur Ziellinie. Die Frauen folgten. Erst in der allerletzten Kurve schnitt mir eine Konkurrentin den Weg ab und ich verlor den Sprint ganz knapp. Somit reichte es immerhin für den 6. Platz im Elitefeld und damit bin ich für meine Premiere auf der Straße mehr als zufrieden.

 
Viele Dank an meine Familie und Freunde fürs Anfeuern!!

Alles in allem war es eine super wertvolle Erfahrung, ein schönes, hartes Training und eine Bestätigung meiner Form. Auf dem Mountainbike fühle ich mich aber doch wohler und freue mich deswegen schon auf den Kellerwaldmarathon am nächsten Wochenende.

Bis dahin: Keep on riding,

Vanessa

Zitate des Tages:

“Ich komme ja eher nicht so von der Straße.”

„Da schießt dir das Laktat wirklich überall hin.“

„Antritte ohne Ende.“

„Taktik ist das Zauberwort.“
 

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