Marathon in Bischhausen oder wie wir die Fischteichhölle im ganzen Land verbreiten...
Der Rennkalender hielt an diesem Wochenende einige
Megaevents für ambitonierte Biker bereit: Das Magura24hRennen in Duisburg, den
Erzgebirgsbikemarathon in Seiffen und eine Marathonveranstaltung in
Bischhausen. Okay zugegeben, das Rennen in Bischhausen ist eher das Gegenteil
einer Massenveranstaltung, dafür aber geografisch für mich gut zu erreichen. Nach
den jüngsten Erfahrungen beim XC-Rennen in Rinteln hatten sich zu meiner
übrigen Rennausrüstung im Verlauf der Woche drei Ersatzschläuche, zwei
komplette Mechanik-Notfallpacks und eine rote Luftpumpe gesellt. Man konnte ja
nie wissen.
Bestens vorbereitet und mit der Google Maps Karte im Kopf
machten meine Schwester und ich uns am Sonntagmorgen auf den Weg ins hessische
Bischhausen. Die Anreise gestaltet sich allerdings dank tückischer dreispuriger
Kreisel, ominöser Umleitungen und Beschilderungen, für die man ein Staatsexamen
braucht, schwieriger als gedacht. So erreichen wir, für meine Verhältnisse
relativ spät, den beschaulichen Ort, indem wir dank zahlreicher Schilder und
Parklotsen zügig am Ort des Geschehens sind. 1. Vorteil einer kleinen
Veranstaltung: Kurze Wege! Man kann die Nennstelle und den Start bequem zu Fuß
in unter 2 Minuten gehend erreichen.
An der Nennstelle stellt sich dann heraus, dass meine
Nennung „verschwunden“ ist, also reihe ich mich in die Riege der Fahrer ein,
die ihre Nennung entspannt zwischen Müsliriegeln und Bananen ausfüllen. Als ich
dann auch meine Startnummer, Kabelbinder und eine Streckenübersicht bekommen
habe, gönnen wir uns auf dem Parkplatz dann noch eine kurze Runde „Black
Stories“. Ich hätte da auch eine Geschichte anzubieten: „Eine Fahrerin kommt
schiebend ins Ziel. Drei kaputte Schläuche liegen herum. Wie konnte das
passieren?“
Wir sind bereit! |
Die allgemeine Stimmung ist so entspannt, dass ich fast das
Warmfahren verpasse. Inzwischen habe ich einige bekannte Gesichter
gesichtet, die größeren Teams sind
vertreten und die Einheimischen haben sich mit kalten Getränken und
Campingstühlen am Start positioniert. Während ich mich warmfahre und bereits
die ersten Trails besichtige, macht sich Carolin an die Hauptaufgabe heute: die
Werbetrommel für unser Challenge4MTB-Rennen, die „Fischteichhölle“ zu schwingen.
Als ich wieder am Parkplatz ankomme, klemmt unser bunter Flyer unter jedem
Scheibenwischer, die ersten Fahrer unterhalten sich über unser Rennen und ich
erzähle es im Startblock jedem, der sich nicht schnell genug retten kann.
2.
Vorteil von kleinen Veranstaltungen: man braucht sich nicht eine halbe Stunde
vor Rennstart im Startblock aufstellen nur um nicht aus der letzten Reihe
starten zu müssen.
Heute formiert sich die Startaufstellung um fünf vor zehn und
ich stehe in der zweiten Reihe, weit und breit die einzige Frau im vorderen
Teil des Starterfeldes. Meine Schwester klärt mich allerdings darüber auf, dass
doch noch einige Frauen dabei sind, die sich aber weiter hinten positioniert
haben.
Startaufstellung heute mal völlig entspannt... |
Der Startschuss fällt pünktlich und ich komme gut weg. Mit
Vollgas geht es durch den Ort, über eine staubige Baustelle und leicht
ansteigend über einen Wiesenweg. Gras ist nicht unbedingt mein
Lieblingsuntergrund, aber die schnelle Führungsgruppe vor mir zieht mich mit.
Mir ist zwar klar, dass ich deren Tempo nicht lange halten könnte, doch im
Moment nutze ich den Windschatten und den Zug. Der Weg steigt nun steil in den
Wald an und mit einem kurzen, schnellen Blick zurück stelle ich fest, dass sich
das Fahrerfeld bereits jetzt, nach guten sechs Kilometern, beträchtlich
auseinander gezogen hat. Im Wald läd die flache,geschotterte Strecke zum Ballern
ein. Doch als die Führungsgruppe der Männer vor mir ordentlich anzieht und sich
in die erste Abfahrt stürzt ist es wie immer: Ich kann bergab nicht mithalten.
Auch mit Kette rechts, vollem Druck auf dem Pedal und Vollgas kann ich bei
diesem Tempo nicht mithalten.
Inzwischen sind wir wieder auf offener Fläche und befahren
Feldwege, Straßen und immer wieder Wiesen. Auf einmal ist wieder ein Fahrer
neben mir. „Hey, Eule! Wieviele Kilometer hast du auf der Uhr?“ fragt er mich.
Ich muss wohl ziemlich verständnislos ausgesehen haben. Wie jetzt? „Wieviele
Kilometer bist du schon auf der Strecke?“ ergänzt er ungeduldig. „Äh 13,8,
wieso?“. „Mist. Ich hab‘s doch geahnt. Danke. Ich hab schon 35, ich bin falsch
abgebogen“. Tatsache. Erst jetzt fällt mir auf, dass er eine andere Startnummer
trägt als ich: ein Fahrer der Langstrecke, die bereits vor einer halben Stunde
auf die 100 Kilometerstrecke gegangen waren. Verfahren. Puh, ich hoffe das
bleibt mir erspart.
Die Strecke führt uns durch die Feldmark, immer wieder in
den Wald, fordert uns mit heftigen Anstiegen und steilen Abfahrten. Wobei „uns“
nicht ganz richtig ist, denn ich bin zunehmend allein unterwegs. Weit und breit
ist kein Fahrerfeld zu sehen, kein anderer Fahrer, keine Zivilisation. Was für
mich mittlerweile zum Problem wird, denn ich rutsche ins Tourentempo ab und
ertappe mich mehr als einmal dabei, wie ich vor mich hin gondele. Der nächste
steile Trail reißt mich aus meiner Trance und fordert meine ganze
Aufmerksamkeit. Über die Brücke und dann steil an der anderen Uferseite wieder
hinauf. Im Wald ist es so dunkel, dass ich meine getönte Brille absetzten muss.
Weiter geht es über kurvige, enge Trails durch den dichten
Wald und ich fühle mich wie der einzige Mensch auf der Erde. Als sich der Wald
wieder lichtet geht es über breite Forstwege weiter. Mein Tacho verrät mir,
dass es nur noch knappe 3 Kilometer bis zum Ziel sein müssen. Genau in diesem
Moment werde ich von einem Fahrer überholt, der mit Vollgas die Schotterabfahrt
hinter sich bringt. Er muss abrupt scharf abbremsen, sein Bike legt sich schief
und verliert den Halt, und beide schlittern über den Schotter, unter dem
Flatterband hindurch, der den Abzweig markiert. Ich hätte ihm ja gern geholfen,
aber er hat sich bereits wieder aufgerappelt und ist weiter gefahren. Als ich
die Abzweigung erreiche kann ich erahnen, wieso dem Fahrer die
Streckenmarkierung nicht aufgefallen ist. Sie steht ein bisschen unglücklich,
sodass man sie für die Absperrung der Böschung hält und auch ich muss stark
abbremsen.
Die letzte Wiesenabfahrt, ein Stück Asphalt und da kommt
schon der Zielbogen in Sicht. Ich ziehe das Tempo noch einmal an und muss
lachen als ich die Autos mit dem Flyern vorbeiziehen sehe. Im Ziel werde ich
von meiner Schwester empfangen, die mir versichert, dass ich die erste Frau im
Ziel bin. An der Verpflegung schnappe ich auf, dass viele Fahrer Probleme mit
der Beschilderung bekommen haben, was wirklich ärgerlich ist.
Wir verladen mein Bike, ich ziehe mich um und gemeinsam
machen wir uns auf Nahrungssuche. Als wir schließlich unsere Kohlenhydrate
abgegriffen haben und uns zu einigen bekannten Fahrern gesellt haben, vergeht
die Zeit bis zur Siegerehrung mit Essen, Austausch über den Rennverlauf und
Profitipps für die Gewichtsminimierung am Bike (auch wenn ich jetzt nicht
vorhabe, meinen Lenker durchzubohren...) wie im Flug. 3. Vorteil von kleinen
Veranstaltungen: bei der Siegerehrung wird richtig gefeiert.
Ich habe mir mit meiner Fahrzeit von 1:53h über die 35 km
und 880 Höhenmeter lange Kurzstrecke den Sieg in meiner Altersklasse und den
Gesamtsieg gesichert. Ich bin mit meiner Leistung auf der Strecke zufrieden,
muss mir aber auch eingestehen, dass ich nicht voll am Limit gewesen bin und
zeitlich noch mehr drin gewesen wäre. Letztendlich hat mir einfach der Zug nach
Vorne und der Druck auf dem Pedal gefehlt.
Trotzdem war es ein schönes Rennen und ein solider Renntag
für mich. Außerdem bin ich sowohl mit Luft im Hinterrad als auch mit meiner
Flasche ins Ziel gekommen. Damit ist mein Flaschenfluch jetzt offiziell beendet
(zumindest hoffe ich das, denn bald habe ich keine Flaschen zum verlieren
mehr)!
Am nächsten Wochenende verzichte ich auf eine Rennteilnahme,
denn es geht ins Trainingslager in den Thüringer Wald. Wir wollen mit unseren
Bikes die höhenmeterlastigen Trails des Rennsteigs unsicher machen und damit
die Form und Fahrtechnik für die kommenden Rennen optimieren.
Bis dahin,
keep on riding,
Evelyn
Zitate des Tages:
-„Wo ist denn hier der Busparkplatz, mein Auto ist zu groß
für diesen Sportplatz!“
-„Fischteichhölle? Was habt ihr denn für ein Problem mit
Fischen? Fressen Eulen nicht
Fische?“
Wir freuen uns auf euch!
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