Wenn die Insel ruft, sollte man folgen! Mallorca 2020

Tag 1: Privatjet und Sonne satt



In den letzten Wochen, ach gar Monaten, führten unsere Rennräder ein einsames Schattendasein in der hintersten Kellerecke. Dazu führten unterschiedliche Gründe: Zum einen fahre ich Intervalle bevorzugt auf dem Mountainbike aufgrund der realitätsnahen Wettkampfsimulation. Zum anderen war es mitunter meist zu nass, zu dunkel, zu kalt, zu matschig oder zu feucht für eine ausgedehnte Runde auf den schmalen Pneus. Deswegen waren die Rennräder nun vermutlich umso überraschter, als sie nach Wochen wieder an die frische Luft kamen. Im Keller in den Karton verpackt und auf der sonnigen Baleareninsel unter Palmen wieder ausgespuckt. Das war ein echtes Fest für alle Beteiligten.



Und noch viel mehr feierte ich in diesem Jahr unseren Hinflug. Ob ihr es glaubt oder nicht: Wir hatten fast mehr Besatzung im Flugzeug als Passagiere. Es waren nur 13 Personen an Bord! Ich bin wirklich schon oft geflogen, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Freie Platzwahl, kein Gedränge, keine Hektik. Fast wie ein Privatjet. Leider konnten wir nicht ergründen, was zu diesem leeren Flugzeug geführt hatte. Wir waren hingegen froh, dass die Maschine nach dem Streik der letzten Tage überhaupt die Triebwerke von der Landebahn erhoben hatte. So einen guten Flug hatte ich also noch nie und kam dementsprechend entspannt auf der Insel an. Auch hier ging alles zügig von statten. Unsere Koffer wurden als erstes auf das Gepäckband gespuckt (bei nur 13 Koffern kein großer Zufall), die Räder hatten den Transport unbeschadet überstanden und der Transfershuttle zur Unterkunft stand schon bereit.

Bei der Fahrt zum Apartment hörte ich im Kleinbus dann plötzlich lautstark "Last Chrismas" aus den Lautsprecherboxen schallen. Überhaupt hatte ich mich schon über die überall üppig vorherrschende Weihnachtsbeleuchtung gewundert. Wir kamen im Laufe des Tages noch zur Lösung: In Spanien ist morgen am Dreikönigstag erst Weihnachten! Wer also seinen Aufenthalt geschickt plant, kann direkt zweimal Weihnachten feiern. Mir allerdings reicht es mit Weihnachten, meine Zeichen stehen eher auf Frühling, Sonne und Wärme!



Und davon haben wir heute an unserem ersten Tag wirklich schon einiges genießen können. Ich fühlte mich fast nackt, als ich nur in kurz-kurz gekleidet startete. Die Sonne hat hier schon ordentlich Kraft und ohne Wind fühlte es sich schon extrem sommerlich an. Die erste Einheit zum lockeren Einrollen führte uns direkt ins Gebirge über das Bergdorf Galilea und entlang der traumhaften Küstenstraße zurück nach Paguera. An dieser Stelle muss ich noch einwerfen, dass wir in diesem Jahr unsere Lokalität von Arenal in den Südwesten der Insel verschoben haben. Dies hatte mehrere Gründe - unter anderem ist hier in und um Paguera eine schönere, ruhigere Gegend und wir haben ein Appartement gefunden ohne großes Hotel mit ordentliche ausgestatteter Küche zum Selberkochen und mehr Komfort. Ja es hat sich definitiv gelohnt - ich habe mich direkt wohlgefühlt, und das will schon was heißen. ;) Wir mussten zwar die Raumaufteilung nach dem eigenen innenarchitektonischen und persönlichen Belieben wieder umgestalten, aber das ist "the same procedure as every year."

Der erste Tag auf der Sonneninsel klang bei einer großen selbstgemachten Nudel-Gemüse-Pfanne (alles aus der Heimat importiert, denn man konnte ja schließlich nie wíssen, ob hier sonntags Lebensmittel zu erwerben sind) nach über 3 sonnigen Stunden im Sattel aus.

Tag 2: Weihnachten reloaded
Kurz vor Einbruch der Helligkeit weckte mich bereits das Blinken der vor dem Appartementhaus liebevoll weihnachtlich geschmückten Palme. Gleich darauf folgten drei laute Böllerschüsse - die meiner eingehenden Google Recherche sei Dank - die Feierlichkeiten zum Heiligen Dreikönigstag einläuteten oder wohl viel mehr "einknallten". Die Mallorquiner waren bei unserer Abfahrt um kurz vor neun bereits geschäftig auf den Beinen und schmückten die Straßenzüge. Wir ziehen es auch in diesem Jahr wieder vor, die Abfahrt zur Trainingseinheit entgegen aller Radfahrer-Regeln vor 10 Uhr zu starten. Dann hat man schließlich mehr vom Tag. Heute stand ein Programm ganz nach meinem Geschmack auf dem Plan. Vier lange Bergpässe im Tempomodus und dann noch 2 Stunden Ausdauer direkt hinterher. Ich lerne die Gegend um Paguera immer mehr zu schätzen, denn man taucht bereits nach wenigen Minuten direkt in einsame und wunderschöne Landstriche und das Gebirge ein. Ohne vorher ewig über die Platja de Palma oder rund um den verkehrsreichen Flughafen von Palma zu kurven. Beim Passieren eines Cafés kurz vorm ersten Intervallberg hoch nach Galilea schnappte ich den Fetzen des Liedes "Thank god it´s christmas" von Queen auf. Ein harter Ohrwurm setzte sich sodann in meinem Kopf fest. Ich weiß nicht, ob ihr das auch kennt, aber ich habe meist beim Training und auch in Wettkämpfen einen Ohrwurm im Kopf. Ich versuchte den Weihnachtsklassiker mit dem Gedanken an passendere Musikstücke zu verdrängen, aber es gelang mir nicht wirklich. :)


Bei der heutigen Einheit hatten wir Höhenmeter satt. Am Ende summierten sich auf 98 Kilometer 2200 Höhenmeter. Es war wirklich toll und ich habe es sehr genossen. Die Anstiege sind so gleichmäßig, dass man sie nur so hochfliegen kann. Zudem war es absolut ruhig auf unserer Runde - wir begegneten nur wenigen Radfahrern und einer Hand voll Autos. So kann man bestens trainieren.
Morgen geht die bunte Reise weiter. Tag 3 des ersten Trainingsblockes steht an. Ich freue mich schon.
Bis dahin: Keep on riding,Vanessa
Zitate des Tages:"Was war los, warum konntest du nicht dranbleiben?"     "Hatte die Weste auf und Gravelreifen drauf.""Hier hängen so viele Verbotsschilder, traue ich kaum zu atmen.""Nur Hobbys fahren bei dem Wetter kurz-kurz."

   


Kommentare

Beliebte Posts