Mallorca Tag 5 bis 7: Vom härtesten Anstieg der Insel, maximaler Sauerstoffaufnahme und Bestzeiten

Tag 5: Der härteste Anstieg der Insel

Wir agieren hier weiterhin nach dem Motto "Dem frühen Vogel gehört der beste Anstieg alleine" und nachdem wir unsere Würmer  - pardon Haferflocken natürlich - verspeist hatten, konnte der nächste Trainingsblock starten. Der Blick vom Balkon gab azurblauen Himmel und Sonnenschein preis. Der Blick auf das Thermometer hingegen offenbarte, dass es doch recht frisch war am frühen Vormittag. Bei solchen Witterungsbedingungen will die Kleiderwahl gut geplant sein, damit man zu Beginn nicht friert, in der aufkommenden Mittagshitze aber auch nicht schwitzt. Bei kleinen Trikotaschen und gleichzeitig großem mitgeführten Nahrungsmittelvorrat stellt es sich stets etwas problematisch dar, das Sammelsurium aus Armlingen, Beinlingen und Weste zu verstauen.



Die ersten Meter bis zum ersten Intervallberg waren dann doch kälter als gedacht und der Verzicht auf Handschuhe rächte sich alsbald. Und ich wollte tatsächlich auch noch mit kurzer Hose los, alles nur wegen den Formkanten. Da war ich froh, dass die Vernunft noch gesiegt hatte. Nach dem ersten Tempointervall war die Kälte aber schnell verflogen. Die Höhenmeter summierten sich heute wieder schneller auf als Minuten und Kilometer. Es war ein einziges Fest, die langen Serpentinenanstiege hinaufzufliegen. Uns begegneten einige Profis auf unserer Strecke, unter anderen auch wieder Tony Martin.



Als besonderes Schmankerl stand heute der laut Internet "härteste Anstieg" der Insel auf dem Programm mit stellenweise bis zu 25 Prozent Steigung. Das Sträßchen auf den Berg Sobremunt hatte es in der Tat in sich. Die Serpentinen musste man außen fahren, weil sonst das Vorderrad nach oben kam. Der Teer war stellenweise etwas schlecht, aber bei der vorherrschenden Geschwindigkeit stellte dies keinerlei Probleme dar. Auf einer Strecke von 4 Kilometern waren über 400 Höhenmeter zu absolvieren. Meine Zeit im Tempomodus-Intervall (wobei man sich hier kaum schneller oder langsamer hochschrauben kann) reichte beim Stravasegment sogar für die viertschnellste Zeit bei den Frauen. ;-)


Die Einheit endete nach 92 Kilometern, 2256 Höhenmetern und 4 Stunden 26 Minuten Fahrtzeit direkt vorm örtlichen Supermarkt. Nach einem solch harten Tag im Office galt es nun mehr schnellstmöglich die Kohlenhydratspeicher aufzufüllen.

Der Ohrwurm des Tages hatte sich irgendwie ziemlich festgesetzt: Erneut Roland Kaisers "Ich glaub´ es geht schon wieder los."! In diesem Sinne: Morgen auf ein Neues!

Tag 6: Flucht vor dem Regen

Als wir am Morgen den routinemäßigen Wettercheck auf unseren mobilen Endgeräten vornahmen, trauten wir unseren noch müden Augen kaum: Es sollte ab 12 Uhr regnen! Regen, Niederschlag, nass, feucht! Auf der Sonneninsel! Und das, obwohl wir gestern Abend unsere Teller komplett aufgesessen hatten. Also leergegessen vielmehr. Der Hunger ist zwar allgegenwärtig und groß, jedoch haben wir das Porzellangeschirr bisher verschont. Mit dem Blick gen Himmel wollten wir dieser Vorhersage zwar nicht so recht glauben, dennoch planten wir unsere heutige Einheit so, dass wir gegen 12 Uhr jederzeit wieder den Rückzug ins Trockene antreten konnten.

Wir rollten flach bis Andratx und nahmen dort den ersten Koffeinschub des Tages ein. Der doppelte Espresso war so schwarz und stark, dass ich Angst bekam, beim ersten Intervall vom Rad zu kippen. Das schwarze Gold entfaltete seine Wirkung dementsprechend schnell und es ging so richtig voran. Auf dem Menü standen insgesamt 27 mal 1 Minute im Vo2max Bereich. Dazwischen 1 Minute locker weiter. Das muss man wollen, aber wenn man es will, so wie ich, dann ist es ein echtes Fest. Nach nun mehr 4 harten Trainingstagen in den Beinen war ich fast überrascht, wie viel Watt ich mir noch aus den Beinen pressen konnte.


Wir konnten es kaum glauben, dass um Punkt 12 Uhr tatsächlich die ersten Regentropfen auf den Asphalt prasselten. Die Vorhersage war also leider doch sehr genau. Wir waren aber nah des Appartement - gute Planung ist alles. Der Regen auf Mallorca kann jedoch nicht mit dem Regen in Deutschland verglichen werden. Es war schneller vorüber gezogen, als es begonnen hatte. Nur in den Bergen hingen die Wolken noch dicht und schienen sich zu entladen.

Dementsprechend war die heutige Einheit mit 3 Stunden und 30 Minuten Fahrtzeit zwar kürzer, dafür aber umso intensiver. Qualität statt Quantität. :) Weil weniger Quantität auf dem Rad für mehr Zeit nebenher sorgte, klang der Tag nach dem Krafttraining in aller Ruhe aus. Damit die Beine morgen auch wieder frisch sind für eine lange Ausdauereinheit.

Durch den Tag begleitete mich die musikalische Hintergrunduntermalung des Songs "Patience" der Gruppe Take That - ein wenig Geduld ist beim Training sicher angebracht, doch der Ohrwurm rührte eher vom gestrigen TV-Programm. Eingefleischte Leser werden ahnen, was gestern Abend bei uns im Fernseher lief. :) Für alle anderen ein kleiner Tipp: Der beste Arzt in der TV-Landschaft, eingebettet in die schönste Gegend der österreichischen Alpenregion.


Tag 7: Nach der Ausdauereinheit ist vor dem Ruhetag

Das Wetter war heute wieder in den Normalzustand versetzt: Blauer Himmel, vorhergesagte 8 Stunden Sonne und angenehme 15 Grad. Die Spuren des gestrigen Regens hatten sich auf den Straßen bereits verflüchtigt, einzig in den schattigen Kurven einiger Abfahrten war der Asphalt noch etwas schmierig und feucht. Zum Abschluss des zweiten Trainingsblockes war eine lange Ausdauereinheit angesetzt. Um überhaupt einen Trainingsreiz zu setzen, sind diese bei mir - eher mäßig beliebten - Ausdauereinheiten mittlerweile zu einer stattlichen Länge herangewachsen.

Über die Küstenstraße ging es Richtung Valdemossa und von dort hinunter zum Port de Valdemossa. 5 Kilometer und 400 Tiefenmeter hinab in ein kleines Fischerörtchen. Die kurvige Straße mit malerischen Ausblicken hinab aufs blaue Meer war so eng, dass bereits ein schmaler Kleinwagen arge Probleme beim befahren hatte. Demensprechend waren wir auch so gut wie alleine auf weiter Flur. Port de Valedmossa war leider sehr ausgestorben - kein Café, keine Menschenseele, einzig eine einsame Katze kreuzte unseren Weg. Da der Wind sehr böig war, schlugen die Wellen bis an die Hafenmauer. Wir traten sodann den Rückweg an, schließlich wollten die 400 Meter auch wieder hinaufgekurbelt werden. In meinem Kopf - ich kann Zeit und Entfernungen sehr schlecht bis gar nicht einschätzen- würde die Auffahrt rund eine Stunde bis darüber hinaus betragen. Ich war mir nicht sicher, ob dies überhaupt vor Einbruch der Dunkelheit zu schaffen sei. Glücklicherweise wurde ich schneller als angenommen eines besseren belehrt, als wir nach rund 25 Minuten im Ausdauertempo schon wieder oben waren. Im Trainingslager verliert man schnell das Gefühl für Raum und Zeit. Genau der richtige Moment um meinen Ohrwurm des Tages einzuwerfen: "Völlig losgelöst von der Erde" von Major Tom.



Die Energie für die Rückfahrt bescherte uns, wie bereits gewohnt, der riesen Cookie aus Valdemossa - man braucht schließlich Konstanten im Leben und ohne Fett keine Fettverbrennung. ;-) Die Einheit zog sich ab Stunde 4 dann ganz ordentlich. Mal wieder erfuhr ich am eigenen Körper, dass ich entgegen vieler Meinungen anderer Sportler 4 Stunden Training mit hartem Intervallprogramm weniger ermüdend empfinde, als 5 Stunden im Ausdauerbereich. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass nun der sechste lange Trainingstag in den Beinen ist.

Der Tag endete nach 105 Kilometern (der erste 100er für 2020), 2500 Höhenmetern und 5 Stunden Fahrtzeit. Somit ist nun auch der zweite Trainingsblock mit insgesamt 13 Stunden, 275 Kilometern und 6000 Höhenmetern absolviert.



Morgen werde ich den nächsten Ruhetag zum Erholen nutzen.

Bis dahin: Keep on riding,

Vanessa

Zitate des Tages:

"Noch eine Serie? Sollen wir uns kaputt fahren?"
       "Ja Meister fallen nicht vom Himmel."
"Dem hast du es aber gegeben eben am Anstieg."
"Schnell raus aus dem Flachen geknäule, hinein in die Berge!"
"Heute bewege ich mich nur noch vom Esstisch ins Bett."




     
     



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