Kellerwald-Marathon Gilserberg: Cold but gold!

Meine Mountainbike-Saison eröffnete ich, wie es die Tradition verlangte, in Gilserberg beim Kellerwald-Marat…Fast wäre es mir über die Lippen – falsch Tastatur – gegangen. Natürlich werden an dieser Stelle kritische Leser aufmerksam anmerken, dass es sich bei der von mir gewählten Kurzdistanz nicht um einen vollwertigen Marathon handelte. Denn von einem Marathon kann man selbstverständlich erst sprechen, wenn auch die volle Marathondistanz von 42 Kilometern erreicht wurde. Ist der Begriff Mountainbike-Marathon eigentlich urheberrechtlich geschützt? Weiß der Kuckuck. Also ich startete im Kellerwald bei einem Wettkampf auf der kurzen Strecke. Warum ich diese auswählte? Weil es mir Spaß macht. Eine intensive Stunde Vollgas. Ein Sprinter läuft schließlich auch keinen Marathon. Punkt. Und die irrtümliche Annahme einiger Zeitgenossen, die kurzen Distanzen seien etwas für Anfänger und Einsteiger, wird schnell revidiert, wenn man den Blick einmal über das durch starke Fahrer besetzte Feld schweifen lässt.

So weit so gut. Zurück zum eigentlichen Kern der Sache: Dem Rennen oder vielleicht vorher doch ganz kurz zum Wetter. Dies bedarf nun mehr ein paar Worten. Denn es war so kalt wie noch niemals bei einem Wettkampf meiner Historie. Das Wetter war an diesem Wochenende ein arglistiger Täuscher, denn es war viel kälter als es aussah. Der blaue Himmel mit strahlendem Sonnenschein suggerierte den Eindruck wohliger Wärmer. In der Realität konnte man jedoch gar nicht so schnell Zittern wie man fror. Fazit des Tages: Egal aus welcher Richtung der Ostwind kommt, er ist immer eisig. Im heimischen Mittelgebirge kämpften wir uns am frühen Morgen sogar noch durch eine zarte Schneedecke. Glücklicherweise bin ich mit dem Reifenwechsel am Kraftfahrzeug ein treuer Anhänger der O-bis-O-Regel (Oktober bis Ostern) und so erreichten wir Gilserberg ohne Probleme. Dort war es dann zwar genauso kalt, dafür aber trocken, sonnig und schneefrei.
Am Ort des Geschehens tauchte ich dann sofort in die besondere und magische Rennatmosphäre ein. Ein Cocktail aus Vorfreude, Aufregung, Anspannung und Fokussierung lassen so jedes einzelne Rennen zu einem emotionalen Großereignis werden. Im Startblock wurde ich aufgrund meiner luftigen Kleiderwahl (Skinsuit oben lang, unten kurz) misstrauisch beäugt. Rennerfahren genug war ich mir im Vorfeld aber sicher, dass es kontraproduktiv und unangenehm ist, während des Rennens in zu warmer Kleidung zu schwitzen. Also besser kurz am Start frieren und während des Rennens sollte man darüber ohnehin keinen Gedanken verschwenden, sonst läuft wohl irgendetwas nicht ganz rund. Der Startschuss fiel und ich versteckte mich in der Spitzengruppe der Männer. Der Windschatten kam mir auf den ersten Teerkilometern sehr zu Gute. Überraschenderweise musste ich nicht abreißen lassen, sondern blieb einfach in der Gruppe der führenden Männer. Mit dabei mein Lieblingsmensch, an dessen Hinterrad ich mich hängte, schließlich kannte ich es aus dem Training nur zu gut. Das Tempo der Gruppe war für mich durchaus machbar. Die anderen Fahrer beäugten mich mit misstrauischen Blicken: Was um alles in der Welt macht die Frau hier vorne?!

Bei Kilometer 9 am ersten langen Anstieg kam dann die Attacke von meinem Lieblingsmenschen, die wir natürlich im Vorfeld familienintern abgesprochen hatten. Ein weiterer Fahrer folgte, konnte aber nicht dranbleiben. Und dann kam ich. An dritter Stelle des gesamten Starterfeldes! Ich konnte es selbst kaum glauben. Die Leistungswerte auf dem Garmin verrieten, dass alles im Rahmen ist und auch die Beine signalisierten, dass das Tempo in dieser Form durchgezogen werden konnte. Ein Juniorenfahrer heftete sich an mein Hinterrad, der Rest der Gruppe war abgerissen. Wir fuhren im weiteren Rennverlauf mal nebeneinander, mal hintereinander und schon war auch das Ziel in greifbarer Nähe. Denn auf der Kurzdistanz geht das logischerweise ja sehr schnell. Trotzdem ist das Rennen nicht weniger intensiv.
Am Einstieg in die abschließende und verwinkelte Cross-Country-Passage im Zielbereich verschenkte ich dann meinen dritten Gesamtrang durch verzögertes Einbiegen. Dort konnte ich nicht mehr überholen. Die Ziellinie überquerte ich als Gesamtsiegerin mit 16 Minuten Vorsprung auf die nächste Frau und Vierte im Gesamtfeld. Knappe 90 Sekunden hinter meinem Lieblingsmensch. Definitiv ein „race to remember“ – noch nie war ich bei den Männern so weit vorne. Das hat Spaß gemacht. Heute hat alles gepasst.





Bevor es in zwei Wochen zum Bergzeitfahren nach Schotten geht, steht nun ein intensives Trainingslager über Ostern zu Hause an.

Bis dahin: Keep on riding

Vanessa

 

Zitate des Tages:

„Und kriegst du langsam Angst?“

„Seid ihr etwa auch noch ein Paar?!“

„Heute Abend gibt es Brotzeit.“

„Wer schneller fährt, muss nur kurz frieren.“

 

 

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