Doppeltes Meisterschaftswochenende: Es lebe die Vielfalt!

Nach drei Wochen rennfreier Zeit war ich physisch und mental gefühlt Lichtjahre weg vom Renngeschehen. Kurzum: Völlig erholt! So fiel es mir fast schwer, mich wieder auf ein Rennwochenende einzustimmen. Aber gleichzeitig hatte ich auch große Lust, endlich wieder an der Startlinie zu stehen. Da in den letzten Wochen die Außentemperaturen fast zu jeder Tageszeit die Körperkerntemperatur überstiegen, gestaltete sich das Training als schweißtreibende Angelegenheit. Man konnte gar nicht so schnell nachtrinken, wie man es ausschwitzte.

Der Wiedereinstieg hatte es dann am Wochenende in sich: Zwei Hessenmeisterschaften hintereinander in den beiden Disziplinen Bergzeitfahren und Einzelzeitfahren. Der Hessische Radfahrverband hat in seiner Planung wohl kaum damit gerechnet, dass es tatsächlich Sportler gibt, die diese beiden Disziplinen fahren möchten, die ja unterschiedlicher nicht sein könnten.

Bergzeitfahren – Je steiler, desto geiler!
Das Auftaktrennen bildete am Samstag das Bergzeitfahren auf den Eisenberg in Kirchheim. Meine Lieblingsdisziplin! Und der Eisenberg war nun in der Tat ein Berg und zwar ein richtiger. Zu 100 Prozent meisterschaftswürdig: 5,1 Kilometer, 350 Höhenmeter und zum Teil bis zu 13 Prozent Steigung. Also perfekt für mich. Im Vorfeld hatte ich genau ermittelt, wie lange die Fahrtzeit sein würde und mit welchen Wattwerten ich das Rennen angehen kann (hier wieder ein Hoch auf den Wattmesser. ;)) Dabei steckte ich mir ein persönliches Ziel von den magischen 5 Watt pro Kilogramm.

Der Berg begann zunächst mit einer relativ zahmen Steigung auf den ersten 1000 Metern. Doch dann ging es nach einer Kehre direkt in die ersten 13 Prozent durch enge Kurven. Wie immer hatte ich den Grundsatz „Pacing ist alles!“ vergessen und einen aggressiven Start hingelegt. Es pendelte sich jedoch gut ein und ich fuhr ein gleichmäßiges Tempo anhand meiner Vorgaben. Dabei dachte ich an nichts. Man könnte es einen völligen Tunnel nennen. Das einzige, was ich wahrnahm, waren meine Werte auf dem Garmin und die Kilometermarkierungen auf der Straße. Kein „Ich kann nicht mehr“, „Lass es zu Ende sein“ oder „Warum tut man sich das an?“. Ich war im Flow und unglaublich konzentriert. Oben angekommen blieb mir zunächst nur die Freude über das punktgenaue Erreichen meines persönlich gesteckten Watt-pro-Kilogramm-Ziels. Ich wusste nicht, was meine Zeit von 17:30 Minuten wert war. Auch als die letzte Starterin im Ziel war, erhielten wir keine Ergebnisse. So musste ich in Unwissenheit über den Ausgang wieder ins Tal rollen, um meinem Lieblingsmenschen die guten Laufräder zu übergeben, damit auch er bei seinem Start davon profitieren konnte. Zurück zum Gipfel ging es dann per PKW und hier wurde noch einmal deutlich, wie steil die Straße tatsächlich stellenweise war. Kurze Zeit später stand dann schwarz auf weiß fest: Ich war neue Hessenmeisterin im Bergzeitfahren und einfach nur so glücklich!

 

Einzelzeitfahren: Vom Berg ins Flache
Kaum hatte ich die Rennkleidung abgelegt, konnte ich sie schon wieder anziehen. Regenerationszeit gab es aufgrund des späten Starts gestern und des frühen Starts heute so gut wie keine. Die zweite Hessenmeisterschaft des Wochenendes im Einzelzeitfahren fand in Stadtallendorf auf einem ehemaligen Kasernengelände statt. Da mir die Drückerei im Flachen eher nicht so liegt (hier bringt einem das gute Watt-zu-Kilogramm-Verhältnis eher keine Vorteile) und ich zudem kein Zeitfahrrad zur Verfügung hatte, erhoffte ich mir keine allzu großen Chancen. Aber ein gutes Training würde es allemal werden. Mit meinem Straßenrad kam ich mir zwischen den ganzen Zeitfahrmaschinen etwas deplatziert vor. Aber ich war selber schuld, da ich mich nicht rechtzeitig um das passende Gefährt gekümmert hatte. Wenigstens hatte mein Lieblingsmensch noch einen Auflieger montiert, damit ich in eine einigermaßen aerodynamische Haltung abtauchen konnte. „Aero is everything“ bekam heute eine ganz neue Dimension. Mein Kampf gegen die Uhr begann um 11:16 Uhr und ich hoffte, dass die Beine noch ein paar Reserven mobilisieren konnten. Und tatsächlich: Sie konnten. Ich überholte die beiden vor mir gestarteten Fahrerinnen und fand mich mit meinem 37er Schnitt alleine gegen den Wind ganz schön flott. ;-) Auch mit meiner Leistung war ich mehr als zufrieden. Die Zeit von 32:30 Minuten reichte am Ende für den 3. Platz mit einer Minute Rückstand. Wenn ich hier nun an die fehlende Zeitfahrmaschine denke, wäre es vielleicht anders ausgegangen. Aber hätte, wäre, würde – so what – es war ein tolles Rennen.



Das Wochenende war wirklich unglaublich aufregend, spannend und wirkt noch etwas nach. Zwei Tage die volle Leistung abrufen zu können, hat mir meine Form bestätigt. Und die Vielfalt des Radsports macht mir immer wieder deutlich, wie toll unser Sport ist!

In zwei Wochen geht es dann wieder zurück zu den Wurzeln und zum nächsten MTB-Marathon nach Bad Salzig.

Bis dahin: Keep on riding,

Vanessa
 
Zitate des Tages:

“Ohne den Doktor läuft es einfach nicht rund!”

„Ich bin einfach zu dick fürs Bergzeitfahren.“

„Für mich bist du ein Held.“

 

 
„Pacing! Pacing! Pacing!“       „Ach alles Blödsinn!” ;-)

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