Vanlife-Alpentour: 9 Tage, 4 Länder, unzählige Abenteuer!

„Life is a wonderful journey” – das Leben ist eine wundervolle Reise. Besonders, wenn man diese mit einem Campervan macht.

Gerne nehme ich euch mit auf meinen Trip mit unserem Van quer durch die Alpen:

Tag 1: Vom Odenwald direkt in die Schweiz

Unsere Reise startete direkt nach der Zieleinfahrt der Deutschen Meisterschaft in Leutershausen und führte noch am selben Tag über den Bodensee durch die malerische Schweiz hinauf zum Albulapass. Oder anders gesagt: Der vom Meisterschaftsrennen ausgezehrte Körper konnte sich nun mehr in der dünnen Höhenluft 2300 Meter über Normalnull seine verdiente Erholung erkämpfen. Aber was soll´s? Schließlich habe ich mit der Deutschen Meisterschaft meine Offseason – sofern man dem Jahr 2020 überhaupt den Titel „Season“ verleihen kann - eingeläutet. Da wir unseren Platz zum Übernachten inmitten der imposanten Schweizer Bergwelt auf der Passhöhe bereits im Dunkeln erreichten, mussten wir uns die malerische Kulisse hinzudenken und freuten uns auf den ersten Blick aus dem Fenster am nächsten Morgen.

Tag 2: Albulatrail

Nach einem nicht besonders erholsamen Schlaf – Höhenluft, Kaloriendefizit, lange Reise – schob ich nach einem bangen Blick auf den Erholungsparameterwert der Garminuhr direkt die Verdunkelung zur Seite und erhaschte den ersten Bergblick. Das Frühstück auf über 2300 Metern zu genießen, umgeben von bizarren Bergformationen, deren schneebedeckte Gipfel zart rötlich vom Aufgehen der Sonne schimmerten – das hat schon was! Falls ich es noch nicht erwähnt hatte: Also das Vanlife ist mit nichts zu überbieten.

Wir checkten heute den Albula-Trail, der sich angenehm flowig von der Passhöhe auf rund 8 Kilometern bis ins Tal schlängelte. Der Trail ist extra für Biker ausgebaut worden, schmiegt sich aber dennoch perfekt unauffällig in die Bergwelt an und bietet tolle Ausblicke. Wer in der Nähe ist: Unbedingt fahren, der Pfad lohnt sich! Im oberen Teil ist der Trail zudem auch angenehm in beide Richtungen fahrbar und ermöglicht somit ein erlebnisreiches Hin- und Hersurfen. Am Nachmittag setzten wir unseren Roadtrip fort und nahmen Kurs auf Livigno. Dort statteten wir zunächst unserem Lieblingsradladen mit üppigen Specialized Sortiment einen Besuch ab. Die zweite Nacht verbrachten wir ebenfalls wieder in luftiger Höhe auf dem Passo Eira mit Blick auf Livingo und Bergkino in alle Himmelsrichtungen vom Feinsten.

 


Tag 3: Bikerparadies Livigno

Trotz Höhenluft zeigte sich der frühe Morgen angenehm mild – ich hatte diesbezüglich im Anbetracht der fortgeschrittenen Jahreszeit Richtung Herbst mit anderen Temperaturbereichen gerechnet. Kleiner Wink vorab: Man soll den Trip nicht vor dem Ende loben.

Für den Tag „im Disneyland für Mountainbiker“ hatte mein Lieblingsmensch eine echte Traumtour zurechtgeplant: Vorbei am Lago Livigno ging es zunächst über steile Serpentinen durch ein Waldstück hinauf auf ein Hochplateau eingebettet zwischen Monte Pettini und Monte Cassa del Ferro. Kaum hatten wir die Baumgrenze erreicht, sahen wir endlich die ersten Murmeltiere, die hektisch pfeifend zwischen ihren unterirdischen Festungen umher irrten. Ich vermutete: eifrige Vorbereitung der Mission Winterschlaf.

 


Über eine flowigen Trail surften wir am Stausee Lago di Cancano vorbei und nahmen entlang eines felsigen Bachlaufes Kurs auf die Umrundung des Serraglio-Massives. Dabei streiften wir am Fuße einer steilen Serpentinenauffahrt des nordöstlichen Zipfel des Lago Livigno. Dieser schmiegte sich wie ein azurblauer Fjord in die kargen Bergflanken und bot eine beeindruckende Kulisse. 

 

 

 

Wir schlängelten uns die Serpentinen über 500 Höhenmeter nach oben und überquerten dort die Grenze zur Schweiz. Ein feiner Pfad durchs Val Mora zog vorbei an üppigen Almwiesen und bereits winterfest verlassenen Hütten. Nach einer langen Abfahrt entlang eines rauschenden Gebirgsbaches spuckte uns der Trail schließlich wieder am westlichen Zipfel des Laga di Cancano aus. Von hier aus erwartete uns noch eine extrem steile Auffahrt zum Trela Pass. Belohnt wurde die schweißtreibende Kletterei mit einer außergewöhnlich schönen endlos langen Trailabfahrt. Flow pur!

Wir nahmen wieder Kurs auf Livigno und genossen geplättet von den epischen Eindrücken ein großes Eis in der bekannten Latteria de Livigno mit bester Milch von glücklichen Kühen aus der Region. Livigno - ein Genuss für alle Sinne! Die Region sollte definitiv bei Bikern auf der „Da muss ich unbedingt mal hinreisen“-Liste stehen. Nirgendwo sonst hat man eine solche Traildichte, eingebettet in beeindruckende Landschaften und gratis dazu die gute, dünne Höhenluft.

Tag 4 Im Sonnental des Vinschgau

Wir ließen uns am gestrigen Nachmittag vom einsetzenden Regen weiter treiben und stoppten am Abend schließlich auf der nächsten Passhöhe – dem Umbrailpass, der mit direktem Blick aufs nahe Stilfser Joch den Grenzübergang von Italien zur Schweiz markiert. 

 

 

 

Nun mehr war es empfindlich frisch geworden auf über 2500 Metern über Normalnull mit einigen Schneeflocken zwischen den schnellziehenden Nebelwänden. Wir beschlossen also an Tag 4 schnell weiterzufahren – der Sonne entgegen. Über die 48 Kehren des Stilfser Joches fuhren wir hinab ins sonnenverwöhnte Örtchen Goldrain mitten im Vinschgau. Der Temperaturunterschied war sehr angenehm und wir konnten einige der vielen Kleidungsschichten abwerfen. Einem sonnigen Tag zwischen Apfelplantagen und Trails stand somit nichts im Weg. Oder vielleicht doch? Die Trails sind hier im Vergleich zu Livigno sehr ruppig und verblockt. So richtiger Flow kam bei mir hier mit dem Hardtail nicht auf, sodass sich die Ausfahrt eher etwas kürzer gestaltete. Aber ein ruhiger Tag schadete im Anbetracht des zehrenden Höhenluft-Intermezzos und der vielen Stunden im Sattel schließlich auch nicht. So setzten wir den Roadtrip fort und wussten noch kein genaues Ziel unseres nächsten Stopps. Halten, wo es einem gefällt – das Vanlife ist so wunderbar unkompliziert. Letztlich strandeten wir im Örtchen Sankt Felix am Fuße des Gampenpasses. Ohne Van hätten wir einem solch unbekannten Ort sicher niemals einen Besuch abgestattet, was wirklich schade gewesen wäre. Wir fanden dort einen prima Schlafplatz, auf dessen Zufahrt wir einmal die Grenzen unseres Vans ohne Allradantrieb ausloteten.

Tag 5: Gampenpass und Mendelpass

Auf dem Menü stand an Tag 5 die Rennradklassikerrunde „Gampenpass-Mendelpass“ – für uns aber mit dem Mountainbike. Eine tolle Runde mit vielen Höhenmetern. Vor allem den Mendelpass südlich von Bozen mit seinem gleichmäßigen Anstieg und Blick zum Kalterer See habe ich sehr genossen – ein Fest für Bergfahrer. So ein 1000-Höhenmeter-am-Stück-Anstieg fehlt mir in den heimischen Mittelgebirgen wirklich noch zu meinem Glück. Nach dem Training ging die bunte Reise weiter und wir steuerten das bekannte Skieldorado Wolkenstein am Fuße des Sella Massives an. Ein schicker Ort inmitten malerischer Berge. Da es allerhöchste Zeit war, die Nachtruhe wieder in der dünnen Höhenluft zu verbringen (hoch leben die roten Blutkörperchen), suchten wir uns direkt auf der Passhöhe am Sella Joch einen Stellplatz mit Aussicht. Leider war die Aussicht auf die Bergwelt der Dolomiten immer wieder von Nebelschwaden eingeschränkt. Ein beeindruckendes Schauspiel, weil sich durch die schnell ziehenden Wolken stets neue Bergblicke eröffneten. So erhaschten wir für einige kurze Momente immer wieder Aussichten auf den Langkofel, die Marmolata und das Sella-Massiv. Letzteres sollte morgen die Hauptrolle in unserer Tagesplanung spielen.

Tag 6: Sella Runde – ohne Rad?

 


Also wir waren hochmotiviert die bekannte Sella Runde per Rad zu erobern, jedoch war es das Wetter überhaupt nicht. Kalte Nebelschleier zogen im starken Wind zwischen den Gipfeln durch, die tiefhängenden Wolken ließen immer wieder Regentropfen fallen. So beschlossen wir den längst überfälligen Ruhetag einzubauen. Über den Skiort Canazei fuhren wir auf die Passhöhe des Passo Pordoi und konnten es kaum fassen: Mit jeder Serpentine riss die Wolkendecke mehr und mehr auf und die Sonne arbeitete sich durch! Plötzlich eröffnete sich uns ein ganz anderes Bild: Die Bergwelt der Dolomiten in ihrer ganzen Pracht, während unten im Tal die feuchtkalte Nebelsuppe waberte. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wir nutzen die zeitlich limitierte gute Wetterlage für eine Wanderung im Hochgebirge. Es war traumhaft schön.

 


 


 


Um die Sella Runde zumindest noch mit dem Van zu beenden, war unser letztes Tagesziel die Fahrt über den verschlafenen Ort Arraba und den schicken Skiort Corvara auf die Passhöhe des Grödner Jochs. Ein perfekter Schlafplatz mit erneuter kostenloser Vorstellung im Bergkinoprogramm. 

 

 

 

Doch wir hatten kaum die Parkposition eingenommen und bei einem Espresso den Blick über grüne Almwiesen genossen, als urplötzlich ein starker Wind aufzog. Und dieser brachte nichts Gutes mit: Der einsetzende Starkregen ging binnen weniger Minuten von Graupel in Schnee über und verwandelte die Landschaft blitzschnell in ein echtes Winterwunderland. Wir konnten es kaum fassen und saßen nun völlig unerwartet fest – auf über 2300 Metern im Neuschnee. Das Argument „das war aber nicht vorhergesagt“ wird in den Bergen außer Kraft gesetzt. Hier hat das Wetter seine ganz eigenen Spielregeln. In der Natur darf der Mensch schließlich nur mitspielen, beherrschen kann er sie nicht. Es war so skurril, dass ich es schon wieder witzig fand. Doch als der Van im Takt des eisigen Sturmes bei jeder Böe mitschwang und es immer kälter wurde, zweifelte ich kurz daran, ob wir diese Nacht überhaupt überleben können. Auf der Passstraße gab es kein Vor- und Zurück mehr – wie wir aus dem Van als einzigen sicheren Zufluchtsort beobachteten. Erst als am Abend die Lichter der Räumfahrzeuge im Schneegestöber blinkten, waren wir ansatzweise beruhigt, dass wir morgen wohl wenigstens sicher wieder ins Tal fahren können.

 


Tag 7: Winteredition der Sella Runde

Der Schnee hatte sich über Nacht leider nicht in Luft aufgelöst, sondern war zu einer stattlichen kniehohen Masse angewachsen. Dafür schien nun aber die Sonne vom azurblauen Himmel – ein Wintertag wie aus dem Bilderbuch. Leider aber etwas verfrüht und unpassend für unsere Reiseambitionen. Wir ließen uns aber nicht aufhalten und beschlossen die Sella Runde als besondere Winteredition durchzuführen. Diesmal zahlte es sich aus, dass ich kleidungstechnisch immer auf alle Eventualitäten vorbereitet bin. Es war zwar kalt, dafür glitzerte die Sonne aber im pudrigen Schnee und sogar die Straßen waren komplett abgetrocknet. Wir erlebten eine echte Traumrunde über das Grödner Joch, den Sella Pass, den Passo Pordoi und schließlich den Pass Campologo. Geballte 1800 Höhenmeter auf 53 Kilometern. Diese Klassikerrunde kann ich jedem Radsportler nur ans Herz legen.

 


Überladen mit einzigartigen Eindrücken – der Neuschnee hat dem ganzen eher noch das Sahnehäubchen aufgesetzt, als gestört – machten wir uns am Nachmittag noch auf den Weg nach Österreich. Zieldestination: Der Wilde Kaiser in Tirol. Leider stellten wir fest, dass der Schnee auch vor Österreich keinen Halt gemacht hatte und die große Planung für Morgen wohl ins Wasser (also ins gefrorene Wasser, um genau zu sein) fallen würde.

Tag 8 Wilder Kaiser und Kitzbühler Horn

 


Zu unserem Bedauern bestätigte der erste Blick am Morgen unsere Befürchtungen des Vortages: Die kargen und steilen Bergflanken des Wilden-Kaiser-Massives waren noch immer dick eingeschneit. Die geplante Besteigung des Ellmauer Haltes, dem höchsten Berg des Gebirgszuges, war somit leider nicht möglich. Aber keine Zeit Trübsal zu blasen – schnell war ein Alternativprogramm gezaubert. Denn schließlich war Kaiserwetter am Wilden Kaiser! So sattelten wir die Räder und starteten Richtung Kitzbühel, um dort das berühmte Kitzbühler Horn zu erobern. Wir tauchten über grüne Almwiesen im Tal mit glücklich grasenden Kühen in eine tiefverschneite Winterlandschaft ein. Mit jedem Höhenmeter nahm die Schneehöhe links- und rechts der geräumten Panoramastraße zu. Mit jeder der 18 Kehren gab es auf den 8 Kilometern bergauf neue Weitblicke. Als ich nach rund 900 Höhenmetern den Ausblick genoss, war ich mir sicher, dass dieses Erlebnis der Befahrung im Spätsommer mit einer solchen Schneehöhe bei strahlendem Sonnenschein sicher einmalig ist. Einmalig schön! 

 

 

 

Angesichts dieses, für mich wie gemachten, Anstieges trug ich mir das Datum des Radrennens hinauf zum Horn direkt fett in den Rennkalender für die nächste Saison ein.

 


Alles hat ein Ende, so auch unser Alpentrip. Da die Wettervorhersagen für die nächsten Tage gruselig-nass waren, flüchteten wir noch am Nachmittag über die Landesgrenze nach Deutschland.

Tag 9: Fränkische Schweiz

Weil wir während der Heimreise auf der Autobahn irgendwo im Hinterkopf schleierhaft hervorkramten, dass es in der fränkischen Schweiz zwischen Nürnberg und Bamberg gute Trails geben sollte, legten wir kurzerhand einen Zwischenstopp ein und wachten am neunten Tag in Pottenstein auf. Die Gegend mutete aufgrund des Gesteins direkt pfälzisch an und ich fühlte mich somit gleich wohl. Zwischen den Orten Pottenstein und Pegnitz wartet eine 38 kilometerlange, ausgeschilderte Mountainbikeroute auf, die vor vielen Jahren im Bikemagazin zu den schönsten Trailrouten (40 Prozent Singletrailanteil) Deutschland erkoren wurde. Das wollten wir uns natürlich ansehen. Der Start kann in beiden Orten erfolgen, die Beschilderung ist etwas in die Jahre gekommen, aber nachvollziehbar – an einigen Ecken sollte man den groben Streckenverlauf kennen, um die richtige Richtung einzuschlagen. Der Beginn in Pottenstein war dann direkt auch trailig mit einem feinen Pfad entlang eines von Felsen gesäumten Bachlaufes, der dann ansteigend auf einem Hochplateau mündete.

Dann war der Trailanteil jedoch für viele Kilometer gering – im Anbetracht der versprochenen 40 Prozent hofften wir dann auch die geballte Ladung gegen Ende der Tour. Und siehe da: Ab der Streckenhälfte und Wende in Pegnitz servierte uns die Route viele schöne Trails am Stück. Durch mystische Wälder, über Wurzelteppiche, vorbei an Burgruinen mit einigen fahrtechnischen Raffinessen gesäumt.

Ob es nun summa summarum tatsächlich 40 Prozent waren, kann ich nicht genau schätzen, aber die Runde machte Spaß! Es gibt sicher noch viel mehr zu entdecken in der fränkischen Schweiz – vielleicht eine Region für die nächste „Fahr doch mal hin“- Erkundung.

 


Eigentlich zog mich wirklich nichts nach Hause, aber irgendwann sollten wir dort auch mal wieder nach dem Rechten sehen – sodass unser Trip nach 9 unvergesslichen Tagen endete.

Die Reise kam mir vor wie eine Ewigkeit, was sicher auch dem geballten Durchleben verschiedener Jahreszeiten und Klimazonen geschuldet war. Ein echtes Abenteuer mit der besten Reiseform, die es gibt: Das Vanlife!

Ich hoffe, ich konnte euch mit einigen Details Lust auf das Entdecken der verschiedenen Regionen machen. Und ganz wichtig:

Keep on riding!

Bis bald,

Vanessa

 

 

 

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