Deutsche Meisterschaft Odenwald Marathon

Wie sagt man so schön: "Gut Ding will Weile haben" - nein Spaß beiseite. Mein Rennbericht der Deutschen Meisterschaft im Marathon geht mit etwas Verspätung online, weil ich direkt nach dem Rennen in die Off-Season-Pause abgetaucht bin. Dennoch habe ich getreu dem Motto "besser spät als nie" noch ein paar kurze Einblicke zum wichtigsten Rennen des Jahres oder vielleicht sogar meiner bisherigen Rennkarriere zugeben.

Nach dem Bike-Giro im Schwarzwald Mitte August hatte ich mit meiner Rennsaison 2020 im Prinzip schon abgeschlossen. Wenn gleich mir die Rennlust und die Motivation bis zur Stirn standen. Als mich dann die Nachricht "die Deutsche Meisterschaft im Marathon findet doch noch statt" erreichte, war ich mehr als glücklich, aufgeregt, gespannt und motiviert. Mein großes Saisonziel sollte also doch noch zur Realität werden. Und besonders vorteilhaft war, dass die Deutsche Meisterschaft im Odenwald - also schön heimatnah - ausgetragen wurde. Somit war eine ausgiebige Streckenerkundung in meine Vorbereitungsphase integriert, der geplante Alpentrip mit dem Van wurde kurzerhand verschoben und das ganze Training auf den Deutschen Meisterschafts Tag hin getaktet. Je näher das Rennen rückte, desto aufgeregter war ich. Mich beruhigte dabei ein wenig meine Kenntnis der Strecke sowie meine Erfahrungen im Bezug auf die Langstreckenrennen des Bike-Giro. Denn glücklicherweise hatte ich mir seiner Zeit geballt in vier Tagen noch Langstrecken-Erfahrung in die Beine gefahren. Sodass meine erste deutsche Meisterschaft nicht auch gleich das längste Rennen meines Lebens war. Der große Tag der Meisterschaft konnte sich fast nicht besser präsentieren: ein sonniger, milder Spätsommertag mit perfekten Streckenbedingungen. Wir hatten es irgendwie geschafft uns am Vortag einen der raren perfekten Parkplätze mit unserem Van (gut getarnt) direkt am Start-Ziel-Bereich in Leutershausen im Odenwald zu sichern. Die Startnummern waren bereits am Lenker, dass Fahrer-Briefing erledigt. Es konnte also losgehen. Meine erste Meisterschaft im Marathon. Drei Runden à 25 km mit je rund 700 Höhenmetern warteten auf uns. Ein höhenmeterlastiger Kurs, auf dem es gefühlt nur bergauf ging. Sozusagen ein Fest für mich als bergaffine Fahrerin.

 

 

Runde 1:

Das Feld der Elite Frauen war groß und gut besetzt. Ich stand ziemlich weit hinten, weil die Startplätze genau zugeteilt wurden. Die Corona-Sicherheitsabstände waren perfekt umgesetzt und die Masken mussten bis zehn Sekunden vor dem Startschuss getragen werden. Nach einer kurzen, verwinkelten Ortsdurchfahrt tauchten wir direkt in die sonnenverwöhnten Weinberge ein. Ich hatte die Startphase genutzt, um mich im Feld nach vorne zu arbeiten und ging mit der Spitzengruppe in den ersten Anstieg. Das Tempo war zügig, ich empfand es aber am Berg noch als durchaus angenehm. So blieb ich in der Gruppe, die aus 5 Fahrerinnen bestand. Nach hinten hatten wir bereits eine Lücke aufgehen lassen. Der Anstieg bis zum höchsten Punkt der Strecke zog sich, das Tempo blieb konstant. Dann kam die Abfahrt. Nicht meine Spezialität. Ich fahre zwar gerne bergab, jedoch fällt mir meine Performance im Rennstress, im engen Fahrerfeld und auf staubtrockenem Schwimm-Schotter noch immer etwas schwer. Es kam wie es kommen musste: Die Lücke zu den schnellsten Frauen riss auf. Und dann kam "die Rinne". Ich habe die rund 150 Meter lange, steile und von Gesteinsbrocken übersäte Abfahrt bereits in der Streckenvorbereitung so getauft und zu meinem persönlichen Feind und schwierigsten Teilstück der Strecke erkoren. Okay - die schnellsten Frauen bügelten darüber, als ob es geteert wäre, aber ich tat mich schwer. Die verlorene Zeit konnte ich am rund 300 Höhenmeter langen Schlussanstieg wieder größtenteils aufholen, jedoch fand ich den Anschluss an die führenden Damen nicht mehr. Also ernannte ich mir meine eigene Taktik: Nach vorne arbeiten, das Tempo hoch halten und nicht einbrechen. Ich fahre ohnehin eigentlich lieber mein eigenes Ding ohne Taktieren in einer Gruppe.


 

Runde 2:

Ich war zufrieden mit meiner ersten Runde und konnte am ersten langen Anstieg der nächsten Runde wieder ordentlich Tempo machen. Dabei wagte ich keinen Blick zurück und hoffte, dass er Abstand zu den Verfolgerinnen nicht allzu klein war. In den Trailabfahrten kam ich mir für meine Verhältnisse schon ziemlich schnell vor, jedoch nicht schnell genug, denn zwei Verfolgerinnen konnten auffahren und mich überholen. Somit lag ich nun an siebter Position mit ständigem Ranfahren an Platz 6. Da ich keinen Betreuer in der Feedzone hatte (gute Planung wäre wohl wichtig gewesen) und keine Flaschen gereicht werden durften, musste ich meine Flasche im Start-Ziel-Bereich auffüllen und verlor dort etwas Zeit. Ich hatte kurz mit mir gerungen, es nicht zu tun, da ich aber keine Kamel-Speicher habe, wäre ein Flüssigkeitsdefizit kontraproduktiver als ein kurzer Boxenstopp gewesen.😃


Runde 3:

Und weil es so schön war: Noch einmal! Die Strecke war wirklich super, doch zum dritten Mal in Folge tat der lange Anstieg doch ordentlich weh. Die Beine brannten und wollten eigentlich nur noch ins Ziel. Aber nun nur noch einmal hinauf zum höchsten Punkt, über flachere Passagen hin zur Burgruine. Den Trail hinunter mit scharfer Rechtskurve. Diese wurde mir leider in Runde drei zum Verhängnis: Ich verbremste mich und das Vorderrad rutschte im groben Schotter weg. Der unsanfte Bodenkontakt blieb glücklicherweise ohne Folgen, kostete aber wertvolle Zeit bei meiner Jagd auf Gesamtrang 6. Ich merkte, dass meine Konzentration nachlies und musste mich in den Abfahrten stark fokussieren und zusammenreißen, um keine weiteren Fahrfehler zu machen. Jetzt bloß nicht mehr stürzen oder platt fahren - dachte ich permanent. Der Schlussanstieg kostete die letzten Körner und als die letzte holprige Wiesenpassage absolviert war, war ich doch mehr als froh, endlich wieder in Leutershausen zu sein. Noch einige rechts- links-Kurven und der Zielbogen war da: Als siebte Frau überquerte ich nach knapp 3 Stunden und 30 Minuten mit 75 km und 2200 Höhenmetern die Ziellinie. Damit war ich mehr als glücklich und zufrieden!

 

 

Ein toller Abschluss dieser verrückten Saison! Mit diesem Ergebnis gehe ich extrem motiviert in die Vorbereitung für die Saison 2021. Auch wenn es 2020 nur insgesamt fünf Rennen für mich gab, weiß ich, dass sich meine Trainingsplanung voll ausgezahlt hat und ich weiß auch, woran ich im Winter noch arbeiten muss. Stichwort: "Es nützt nichts, wenn du nur bergauf schnell bist!"😃



An dieser Stelle: Ein großes Dankeschön an die Organisatoren vom Odenwald Marathon, das ihr eine deutsche Meisterschaft auf einer so tollen Strecke ermöglicht habt! Es war ein Fest!

Bleibt alle gesund und keep on riding, 

Vanessa

Kommentare

Beliebte Posts