Fahr´ mal hin: Neustadt an der Weinstraße – deutsche Toskana mit Singletrailflow
Am vergangenen Wochenende machten wir einmal mehr Gebrauch
unseres praktischen Campervans für einen Kurztrip Richtung Pfälzerwald. Mit der
Zeit fällt es mir als perfektionistisch veranlagte Planerin immer leichter die
Trips zu organisieren, da man mit jeder Reise seinen Erfahrungsschatz
erweitert, was man im Van benötigt und was eventuell unnötiger Ballast ist.
Trotz dessen bin ich jeder Zeit gegen Bären- und Wolfsattacken, plötzliche
Wintereinbrüche, Hungerperioden und sintflutartige Regengüsse über mehrere Tage
gewappnet. Sicher ist sicher. Ich empfehle aber einfach nur einen genauen Blick
auf die Wettervorhersage der Zieldestination zu werfen, denn so kann man sich
vorab perfekt rüsten und auf eventuelle Kapriolen vorbereiten. Wetterkapriolen
waren für uns am letzten Wochenende zum Glück kein Problem: Endlich war es mal
wieder warm und sonnig. Nicht umsonst wird die Pfalz als deutsche Toskana
bezeichnet. Meine Annahme der letzten Wochen war ja, dass der Sommer Anlauf
nimmt und sich dabei verlaufen hat. Doch wir trafen ihn nun endlich im
Pfälzerwald an. Und zwar in seiner vollen Pracht.
Tag 1: Von Flow, Schlössern und touristischen Hotspots
Den ersten Stopp –
und auch damit auch den letzten (dazu später mehr) – unseres Roadtrips legten
wir im Örtchen Maikammer am Fuße des Berges Kalmit ein. Aufmerksame Leser werden sich erinnern, dass
wir hier bereits des Öfteren verweilten. Denn wir nutzen den langen und
gleichmäßigen Anstieg gerne für ein langes Bergintervall, um anschließend den
Weitblick vom Gipfel des 673 Meter hohen Berges zu genießen. Und neben der mäßig
ansteigenden Teerstraße hat der höchste Berg des Pfälzerwaldes noch einiges
Mehr zu bieten: Er ist übersät von einem Trailnetz. Wohin der Blick auch
schweift – überall verzweigen sich feinste, flowige Singletrails. Die trockene Vegetation
und die sandige Erdbeschaffenheit sorgen für perfekte Bedingungen, die das
Mountainbikerherz höher schlagen lassen.
Wir erweiterten unseren Radius heute auch auf die
umliegenden Berge. Und was soll ich sagen? Die Traildichte nahm überhaupt kein
Ende! Uphillflow und Downhillflow in stetigem Wechsel. Bessere Trainingsbedingungen
kann man sich kaum wünschen. Ein nicht endend wollender Trail – gespickt mit
feinen Wurzel- und Steinpassagen (allesamt wie modelliert) spuckte uns
schließlich in Neustadt an der Weinstraße aus. Wir wechselten die Seite und
begaben uns auf die Spuren des Sigma Bike Marathons. Dieser ist übrigens (stand
heute) für den 8. und 9. August 2020 terminiert. Wer in dieser Saison noch ein
Trailfeuerwerk im Rennen erleben möchte, sollte sich unbedingt schnell
anmelden.
Mein Wunsch war, am Ende der Tour noch einen Abstecher zum berühmten
Hambacher Schloss zu machen. Weit sichtbar thront dieses Zeugnis der deutschen
Demokratie zwischen Maikammer und Neustadt. In meiner romantisch verklärten
Burgenstimmung war mir allerdings die Tatsache entgangen, dass das Schloss ein
touristisch voll erschlossener Hotspot ist und die Menschen sogar mit Bussen her
gekarrt werden, um dem Verkehrschaos Einhalt zu gebieten. Der Plan einmal über
den Schlosshof zu rollen wurde also verworfen und wir begnügten uns mit dem
Anblick aus der Ferne.


Weil uns die Location rund um Neustadt so wunderbar gefiel,
beschlossen wir entgegen der ursprünglichen Planung einer Weitereise nach Dahn,
auch am nächsten Tag hier zu trainieren (Vanlife=pure Freiheit). Wir suchten
einen ruhigen Stellplatz in Waldrandlage für den Van, an dem wir im Laufe der
Abend- und Nachtstunden unsere Fahrtüchtigkeit wieder erlangen konnten. Alles
in allem hatte ich mal wieder das Gefühl für Raum und Zeit binnen weniger
Stunden komplett verloren und wusste gar nicht, wie lange wir überhaupt schon
unterwegs waren (Vanlife=best life).


Tag 2: 100 Prozent Singletrailgarantie
Der zweite Tag startete in aller Frühe – als Camper steht
man in der Regel mit der Sonne auf – mit einem Trailrun vorm Frühstück zum
Wachwerden inmitten des herrlichen Pfälzerwaldes. Das unverbrauchte
Morgenlicht, die frische Luft, der grellgrüne Farn zu Füßen der mächtigen
Kiefern und dazwischen wie gemalt ein feiner Pfad – ach, die Natur ist einfach
ein Wunderwerk! Einen Kaffee und ein Porridge später sattelten wir die Räder
für den zweiten Trainingstag. Mein Lieblingsmensch hatte mittlerweile die
analogen Wanderkarten am Wegesrand studiert und anhand der Höhenlinien, Steigungsraten
und Längenangaben die perfekte Runde kreiert. Dazu ein kurzer klitzekleiner
Nachteil an den Tiefen des Pfälzerwaldes: Fernab der Zivilisation gibt es kein
Handynetz, kein mobiles Internet und somit weder Strava noch Google Maps zur
Routenplanung. Aber wozu hat man schließlich einen Guide an seiner Seite mit perfektem
Orientierungssinn?! J


Wobei eine allzu genaue Ortskenntnis an den bewaldeten
Hängen rund um Neustadt überhaupt nicht von Nöten ist, denn es gibt mehr als
1000 Wege und diese sind allesamt schön. Unsere heutige Fahrt hatte das Motto „Singletrailanteil
100 %“ mehr als verdient und gab so einige Sahnestückchen frei. So surften wir
unter anderem auf über 8 Kilometern Flowtrail hinab ins Tal und auf einem
anderen Pfädchen erlebten wir den gleichen Flow retour – nur eben bergauf. Für
manche Menschen unverständlich - aber ich genieße auch jeden einzelnen Meter
bergauf (Uphillflow).
Frequentiert waren die Pfade nur in unmittelbarer Nähe der
Wanderparkplätze – für ein sonniges Sommerwochenende jedoch in erträglichem
Maße. Ich war wirklich geplättet von den ganzen flowigen Eindrücken, als wir
zum Van zurückkehrten. Mission Singletrailanteil 100 % zu 100 Prozent geglückt!
Die Gegend ist ein super Trainingsgebiet: Zwischen Weinreben, prall gefüllten
Obstbäumen und intakten Kiefernwäldern lässt sich wunderbar an Ausdauer,
Fahrttechnik und Kraft am Berg feilen.


Also fahrt doch mal hin und entdeckt den Pfälzerwald.
Für mich geht es nun in knapp 10 Tagen ins
Höhentrainingslager, um mich für die anstehenden Rennen zu wappnen. Ich werde
berichten.
Bis dahin:
Keep on riding,
Vanessa
Zitate:
“Wie im Himmel!”
„Das ist touristisch übervoll erschossen. Äh erschlossen.“
„Da sitzen die hier um 10 Uhr morgens und essen Sauerkraut
mit Wurst.“
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