10 Dinge, die ich in der letzten Saison gelernt habe...
1. Rennvorbereitung: Vorbelastung
Der Sinn
einer Vorbelastung erschließt sich vielleicht nicht jedem direkt auf den ersten
Blick. Wieso sollte man auch am Tag vor dem wichtigen Wettkampf seine Energie
in eine Trainingseinheit stecken? Würde man nicht genau diese gesparte Energie
aus dem Vortag im Wettkampf brauchen? Ich vertraute also darauf, dass die Pause
am Vortag mich mit guten Beinen ins Rennen schicken würde und beschränkte meine
sportliche Aktivität auf das Packen für den Renntag.
Da mein
Trainingsplan leider sehr eng mit meinen Verpflichtungen in der Uni zusammenhängt,
ist es häufiger vorgekommen, dass schon am nächsten Tag eine weitere Radeinheit
angesetzt war. Aber statt mich mit schweren Beinen zu quälen, stellte ich fest:
Meine Beine waren deutlich besser als am vorrangegangenen Wettkampftag. Wie
konnte das sein? Ich hatte doch alles gegeben!
Dies
veranlasste mich dann doch dazu, es doch einmal mit einer leichten Vorbelastung
im Bereich der Grundlagenausdauer zu versuchen und Tatsache – mein Körper ist
optimal auf den Wettkampf vorbereitet.
2. Rennvorbereitung: Warmfahren
Auch das
Warmfahren blieb vor meinen Vorurteilen nicht verschont und zwar aus dem selben
oberflächlichen Grund wie die Vorbelastung: es wird keine Energie vor dem
Wettkampf verschenkt!
Da es dazu,
ebenso wie zur Vorbelastung, viele sehr unterschiedliche persönliche Meinungen
und Ansätze gibt, musste ich mich also selber mit diesem Thema befassen. Da ich
grundsätzlich (nur so vorsichtshalber, falls ich im Stau stehe, etwas vergesse,
keinen Parkplatz finde... ) immer zwei Stunde vor Rennstart am Wettkampfort bin,
hätte ich eigentlich massenhaft Zeit ein paar Runden zu drehen. Bisher habe ich
mich hier und da von Freunden oder Teamkollegen angeschlossen, wenn es zum
gemeinsamen Einrollen ging, aber über den letztendlichen Effekt im
Renngeschehen bin ich mir immer noch nicht ganz schlüssig. Trotzdem verbringe
ich vor der Startaufstellung immer etwas Zeit auf dem Bike, teste noch einmal
alle wichtigen Funktionen und schalte mich einmal durch alle Gänge. Schließlich
kann man sich ja auch warm quatschen, richtig Vanessa ;)?
3. Rennvorbereitung: Startaufstellung
Dann geht es
auch schon in die Startaufstellung. In meiner ersten Saison habe ich mich
grundsätzlich freiwillig in den hinteren Bereich des Startblocks eingeordnet,
denn das Gedränge im vorderen Bereich, die Anwesenheit der (größtenteils
männlichen) „Profis“ und die vermeintlich abschätzigen Blicke der Konkurrenz
haben mich einfach eingeschüchtert. Außerdem kann man das Feld ja auch von
hinten aufräumen. Zumindest theoretisch.
Aber an
desto mehr Rennen ich teilnahm und desto größer das Starterfeld wurde, desto
mehr stellte ich fest: Du musst genau diese Meter erst einmal wieder aufholen,
um Plätze nach vorne gut zu machen. Also auf geht’s in den vorderen
Startbereich! Und überraschenderweise wurde ich weder umgefahren, noch
angepöbelt, noch schief angeschaut. Und obwohl dass das Gedränge im vorderen
Startblock meist größer ist, der Start verläuft meist schneller und flüssiger
als in hinteren Bereichen. Und ein guter Start ist die halbe Miete!
4. Rennvorbereitung: Konkurrenz
Besonders im
Startblock hat man noch einmal genug Zeit, sich seine Konkurrenz anzuschauen
und einzuschätzen. Ich neige tendenziell dazu, meine Gegner zu „dämonisieren“,
wie mir kürzlich mitgeteilt wurde. Schließlich hatten die „diese oder jene
Rennen gewonnen“, ein besonders bekanntes Team oder einfach eine
Profiausrüstung. Ich gebe zu, mein Augenmerk liegt immer besonders auf der
Ausrüstung. Der unschlagbare Vorteil in meiner ersten Saison: auf einem Alu-MTB
ohne Teamtrikot wirst du nicht ernst genommen. Und genau dieser Underdog-Status
gefällt mir. Leider wurde das in der vergangenen Saison spätestens nach den
ersten Rennen und mit jeder guten Platzierung schwieriger, denn im Wesentlichen
trifft man meistens auf die gleichen Konkurrentinnen. Dazu das neue Bike und das
Teamtrikot, und mein Underdog-Status war dahin. Was mich natürlich nicht davon
abhielt, riesigen Respekt vor der Konkurrenz zu haben.
Aber
letztendlich ist es doch so: Man muss erst einmal sein eigenes Rennen zu Ende
fahren, bevor man sich über die Konkurrenz Sorgen machen sollte. Außerdem ist
eine Ausrüstung im höheren vierstelligen Bereich keine Garantie für einen guten
Rennfahrer.
5. Rennausrüstung: Die Trinkflasche
Natürlich habe ich bei einem Wettkampf,
egal über welche Distanz, eine Trinkflasche dabei. Am Start zumindest. Denn
erst im Laufe der Saison ist mir bewusst geworden, dass nicht jede Trinkflasche
in jeden Flaschenhalter am Rad passt und dass das möglicherweise der Grund sein
könnte, wieso ich ständig ohne meine Trinkflasche ins Ziel gekommen bin. Wieso
ich sie allerdings auch noch auf den ersten Kilometern verlieren muss,
optimalerweise am Punkt der größtmöglichen Distanz zur nächsten
Verpflegungsstation und bei Temperaturen jenseits der 25 Grad, bleibt wohl ein
Rätsel.
Außerdem kann es durchaus hilfreich sein,
bei Menschen, die wie ich an chronischem Trinkflaschenverlust leiden, eine
weitere Flasche dabei zu haben. Besonders bei Rennveranstaltungen, bei der die
lokalen Radiosender bei 38 Grad Außentemperatur von sportlicher Betätigung
jeglicher Art abraten.
An dieser Stelle noch einmal Danke an alle
Rennfahrer, die mir in der vergangenen Saison ihre Trinkflaschen geliehen oder
geschenkt haben!
6. Rennausrüstung: Flickzeug
Im Gegensatz zur Trinkflasche gehörte
Flickzeug in der ersten Saisonhälfte nicht zu meiner Rennausrüstung. Wieso
auch? Wozu sollte ich einen Ersatzschlauch, Flickzeug, eine Luftpumpe und
weiteres Werkzeug auch mit mir rumschleppen? Schließlich war ich kaum und schon
einmal gar nicht im hektischen Renngeschehen in der Lage meinen Fahrradschlauch
selbstständig zu wechseln, von schwerwiegenden Reparaturen anderer Art mal
völlig abgesehen. Aber je öfter ich im Renngeschehen Zeuge von Defekten oder
sogar Seriendefekten verschiedenster Art wurde und selbst pannenfrei ins Ziel
rollte, desto mehre machte ich mir doch ernsthaft Gedanken. Selbstverständlich
ohne etwas Aktiv dagegen zu tun.
Bis mich das geballte Pannenpech von 1,5
unbeschadeten Saisons beim Rennen in Rinteln traf. Das Resultat: Drei
Hinterradplatten in einem Rennen. Dass ich überhaupt nach meinem ersten Defekt
wieder ins Rennen gehen konnte, verdanke ich einzig und allein meinen
fantastischen Teamkollegen, die mir mit Schlauch, Pumpe und vor allem
Mechanikservice ausgeholfen haben. Tausend Dank dafür!
Nach einer Krisenbesprechung mit meinem
eigenen Mechaniker und einigen langen Abenden in der Fahrradwerkstatt war ich
bereits ein Wochenende später in der Lage, zumindest einen Schlauchwechsel
durchführen zu können. Außerdem fanden Schlauch, Pumpe und Flickzeug den Weg in
meine Rennausrüstung, für alle Fälle. Trotzdem bin ich froh, dass es bei diesem
einen defektgeplagtem Rennen geblieben ist.
7. Rennverlauf: Defekte
Siehe Punkt 6. Aber falls man dann doch
nicht mehr in der Lage sein sollte, sich selbst zu helfen: Die anderen
Rennteilnehmer und auch die Streckenposten sind in der Regel sehr hilfsbereit.
Also einfach nett winken, nett fragen und dabei verloren aussehen.
8. Rennverlauf: Jäger und Gejagte
Beim Kampf um die Platzierungen gibt es
eigentlich hauptsächlich zwei Positionen: Jäger und Gejagte. Besonders bei
kleineren Rennveranstaltungen mit überschaubarem Teilnehmerfeld kann man meist
gut abschätzen, in welcher Position man sich gerade befindet. Welche Position
nun taktisch die bessere ist, darüber kann man vermutlich ebenso streiten wie
über die Thematiken Vorbelastung und Warmfahren. Ich habe für mich persönlich
festgestellt, dass ich lieber die Gejagte bin. Ich lasse mich lieber von der
Konkurrenz im Nacken antreiben, denn das lässt mich zu Höchstform auflaufen.
Man spekuliert über die Abstände zur Konkurrenz, legt noch einmal Tempo zu,
fragt sich, ob sie vielleicht schon in Sichtweite sind oder vielleicht sogar an
deinem Hinterrad hängen. Aber dazu gilt Regel Nummer 1: Niemals umdrehen!
Als Jäger verliere ich schnell die nötige
Motivation, besonders wenn sich die Konkurrenz außer Sichtweite befindet. Je
mehr Kilometer vergehen, ohne dass ich das Gefühl bekomme, eine Chance zu
haben, desto mehr lässt mein Antrieb nach. Sobald die Konkurrenz aber wieder in
Sichtweite ist, egal ob vor mir oder hinter mir, erwacht mein Kampfgeist
wieder.
Trotzdem: Ich bin definitiv lieber die
Gejagte.
9. Rennverlauf: Die Stimmung
Ich habe schon öfter von anderen Fahrern
gehört, dass sie selbst kaum etwas mitkriegen von der Atmosphäre und Stimmung,
die um sie herum herrscht, weil die Konzentration keinen anderen Gedanken
zulässt. Für mich gilt das allerdings nicht. Für mich macht es einen
Riesenunterschied, ob ich durch eine menschenleere Verpflegungsstation rolle
oder ob ich angefeuert und lauthals motiviert wäre. Darin sehe ich einen
weiteren Vorteil für größere Veranstaltungen wie das BikeFestival in Willingen:
Die Stimmung ist einfach der Wahnsinn und für mich nochmal ein besonderer
Antrieb.
10. Das
Ergebnis
Man könnte meinen, ein Sieg spricht für
sich. Man war die Beste, die Schnellste und heute unschlagbar. Trotzdem freut
man sich über einige mehr, über andere weniger. Dabei spielt die Konkurrenz
sicher eine große Rolle. Bei einigen Rennveranstaltungen kommt es vor, dass man
nur wenige Konkurrentinnen hat. So ein Sieg hat sicher einen anderen
Stellenwert als ein Sieg, bei dem du dich gegen viele starke Konkurrentinnen
behaupten konntest. Die schönsten Siege sind für mich die Unerwarteten, die
hart Erkämpften und die Verdienten.
Trotzdem ist jeder Sieg nur so schön wie
die Menschen, die ihn mit dir feiern und sich mit dir freuen. Danke an meine
Teamkollegen, meine Freunde und meine Familie für die vielen schönen Male, als
ich unter eurem Jubel das Siegerpodest erklommen habe – ohne euch hätte ich es
nie geschafft!
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