Bikefestival Willingen - RockyMountainBike Marathon
Nach dem erfolgreichen Marathon in Dassel hatte ich mir fest
vorgenommen, mich nun erstmal auf mein
Studium zu konzentrieren und mir bis zum nächsten Rennen Zeit zu lassen. Als
ich dann allerdings von allen Seiten ausgefragt wurde, ob ich nicht doch beim
Marathon in Willingen am Start sei, ertappte ich mich doch dabei, wie ich die
Ausschreibung raussuchte, die Zugverbindungen scannte und mich schon am
Donnerstag auf dem Rückweg von München befand. Als ich mich allerdings nach
einem langen Unitag inklusive sehr frühmorgentlichem Training (um 4:30 Uhr!) im
überhitzen und überfüllten Zug nach Hause befand und versuchte, Sinn in meine
Anatomiemitschriebe zu bringen, überkamen mich doch Zweifel. Wieso tat ich mir
das eigentlich an? Was wäre gegen ein entspanntes Tourenwochenende einzuwenden
gewesen? Aber das Riesenevent, die Aussicht auf eine schöne Strecke, viele
bekannte Gesichter und schließlich einfach mein Ehrgeiz brachten meine gewohnte
Vorfreude zurück. Meine Schwester Carolin erklärte sich sofort bereit, mich als
moralische Unterstützung zu begleiten und so machten wir uns, aufgrund des sehr
frühen Starts am Samstagmorgen, schon am Freitag auf den Weg zum Bikefestival.
Unser Schwesterroadtrip führte uns zuerst in die örtliche Jugendherberge, die
aufgrund der Bikeveranstaltung fast ausgebucht war. Wir bekam ein Zimmer in
einem seperaten Haus zugeteilt, was mich erleichtert aufatmen ließ: so konnte
ich mein Bike ganz entspannt mit in unser Zimmer schmuggeln, statt es im Auto
zurücklassen zu müssen.

Zurück in der Jugendherberge verbrachten wir den Abend damit
den morgigen Tag zu planen, den Busfahrer vom Tabuspielen aufzutreiben, der uns
zugeparkt hatte und, in meinem Fall, den perfekten Platz für mein Bike im
Zimmer zu suchen. („Nein nicht an die Heizung, vielleicht geht die in der Nacht
an. Nicht so nah an die Tür, wenn die jetzt auf geht! Ja, auf dem Bett ist gut!“)



Punkt 5 Uhr klingelte uns der schrille Wecker aus dem
Schlaf, Punkt halb sechs saßen wir wieder im Auto und um Punkt viertel vor 6
parkten wir auf dem Festivalgelände – diesmal Gott sei Dank nicht auf dem
Reweparkplatz... Da hätte das Frühstückspicknick, was wir vorbereitet hatten,
auch nicht halb so viel Spaß gemacht. Meine Schwester ließ ich zwischen Müsli,
Knäckebrot und Babybrei zurück, um mich warm zu fahren und Vanessa zu suchen. 


Die Strecke führte nun in regelmäßigen Abständen lang und
stetig bergauf und steil wieder herunter. Ich hatte noch immer das Trikot der
Lizenzfahrerin im Blick und wir machten Platz um Platz gut, bis ich an einem
eben dieser Berganstiege auf einmal Platz und Beine hatte und meine ganze
Gruppe überholen konnte. Im Nachhinein denke ich, dass es in Anbetracht der
Streckenlänge und Anforderung sinnvoller gewesen wäre, im gleichmäßigen Tempo
weiterzufahren. Aber das angesprochene Rennfieber zog mich alle Berge hoch und
ließ mich alle Berge herunterfliegen. Allerdings vermisste ich mittlerweile
schmerzlich meine Trinkflasche und so war ich mehr als froh, als nach 26
Kilometern am Ufer des Diemelsees der Verpflegungsstand auftauchte, der in
diesem Moment für mich einer paradiesischen Oase in der Wüste gleich kam.
Allerdings griff ich nur im Vorbeifahren meine obligatorischen Becher Wasser ab
und hielt nicht etwa an, um mir eventuell eine neue Trinkflasche zu
organisieren. Als ich kurz vor Kilometer 30 an einer ewig langen Bergpassage
mit brennenden Waden verzweifelte und immer weiter zurück fiel, wäre ich am
liebsten zurück gefahren. Als mich allerdings die besagte Lizenzfahrerin
überholte siegte dann doch der Kopf und gemeinsam kämpften wir uns hoch, und
höher und immer wieder hoch.
Wie immer im Rennverlauf überholt man eine Reihe an Fahrern,
die aufgrund von technischen Defekten verschiedenster Arten am Rand sitzen,
schieben oder bereits dabei sind, das Problem zu beheben. Während ich mal
wieder völlig unvorbereitet und naiv auf gar keine Art von Defekt ins Rennen
gegangen bin, auch wenn ich mir immer wieder fest vornehme, endlich mal einen
Technikkurs zu machen oder zumindest einen Schlauch einzustecken. Als wir
wieder mal einen Berg hochtraten und ich wieder mal gefühlt kurz vor dem
Verdursten war, kam uns ein Fahrer entgegen, dessen Defekt sofort ins Auge
sprang: Rahmenbruch. Moment, das heißt doch... „Brauchst du deine Flasche noch?
Kann ich die haben? Danke!!“ An dieser Stelle nochmal ganz vielen lieben Dank
an den netten belgischen Fahrer, der mir bereitwillig seine volle Trinkflasche
überlassen hat!
So, Versorgung sichergestellt, Überleben gesichert.
Trotzdem musste ich mir (wieder einmal...) eingestehen, dass
mein angeschlagenes Anfangstempo zu schnell gewesen war. Gegen Kilometer 40 musste
ich mit brennenden Waden und leichten Krämpfen im Mittelfuß abreißen lassen und
bemühte mich nun, meinen eigenen Rhythmus wieder zu finden, was mir erstaunlich
gut gelang. Ich erwischte den Anschluss an eine zügige Gruppe und kann mich die
letzten Kilometern auf den Trails mitziehen lassen, bis wir schließlich vor der
imposanten Skisprungschanze stehen, was nur heißen kann: weit ist es nicht
mehr!
Weit nicht, aber wieder mal hoch. Eine steile Rampe entließ uns
im oberen Teil des Bikeparks, wo sich das erste Mal die Wege der Downhiller und
der Marathonfahrer kreuzten. Während wir durch eine Mulde fuhren, sprangen die
Downhillfahrer über uns hinweg. Der Wahnsinn! Die letzten Trails brachten uns
in den Zielbereich, wo mich die Stimmung nochmal zu einem Zielsprint animierte,
wo auch ich immer ich die Kraft dazu noch aufgetrieben habe, sodass ich nach
2:54h die Ziellinie überquere.
Natürlich werfe ich dann doch einen Blick auf die
Gesamtplatzierung. In meiner Altersklasse habe ich es auf Platz 8 geschafft,
bei den Frauen Gesamt auf Platz 12 von 98. Und auch im Gesamtfeld bin ich mit
Platz 233 von 908 überraschend gut platziert. Klar, ein Podiumsplatz war nicht
in Sicht, trotzdem bin ich nach diesen stressigen Wochen zwischen Lernen,
Training und Pendeln super zufrieden mit meiner Leistung und dem Rennverlauf.
Love the Ride,
Evelyn
Kommentare
Kommentar veröffentlichen